Die vor kurzem wieder eingeführten Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums sollen aufrecht erhalten werden, um einem möglichen neuen Ansturm von Flüchtlingen trotzen zu können. Deutschland tut sich mit fünf weiteren Ländern zusammen.

Berlin/Wien - Deutschland hat sich mit fünf weiteren EU-Ländern zusammengetan, um die unlängst wieder eingeführten Grenzkontrollen aufrecht erhalten zu können. In einem gemeinsamen Brief an die EU-Kommission beantragt Berlin gemeinsam mit Österreich, Frankreich, Belgien, Dänemark und Schweden die Aktivierung eines „Krisenmechanismus“, der die Kontrollen im Schengenraum erlaubt.

 

Der Brief soll am Montag abgeschickt werden, verlautete aus Berliner Regierungskreisen. „Auch wenn sich die Flüchtlingssituation an den Binnengrenzen entlang der Westbalkanroute derzeit entspannt hat, blicken wir mit Sorge auf die Entwicklungen an den Außengrenzen der Union“, begründete Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die Initiative. Die Mitgliedstaaten müssten ihre Binnengrenzen daher auch in Zukunft „lageabhängig und flexibel“ kontrollieren können, wo dies erforderlich sei.

Anfang April hatte der Minister noch gesagt, bei weiter niedrigen Flüchtlingszahlen würde Deutschland die Grenzkontrollen nicht über den 12. Mai hinaus verlängern - dann läuft die derzeitige EU-Genehmigung aus. Für die Ankündigung war er von der CSU scharf kritisiert worden. Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka erklärte, die sechs EU-Länder strebten mit ihrer Brüsseler Initiative ein koordiniertes Grenzkontrollsystem über den 12. Mai hinaus an. Ein solches Vorgehen wäre ein erster Schritt hin zu einer gemeinsamen europäischen Lösung, sagte Sobotka in Wien.

EU-Rat müsste Krisenmechanismus aktivieren

Im vergangenen September waren die Kontrollen an der Grenze zu Österreich wieder eingeführt worden, als täglich tausende Flüchtlinge ankamen. Seit der Abriegelung der Balkanroute und dem Inkrafttreten des EU-Türkei-Paktes sind es täglich nur noch wenige Menschen. Für künftige Kontrollen müsste der EU-Rat den Krisenmechanismus aktivieren - auf Vorschlag der EU-Kommission. Nach einem Bericht der „Welt“ wird ein entsprechender Schritt Brüssels schon für Mitte der Woche erwartet. Am 12. Mai legt die Behörde auch einen Bericht darüber vor, ob Griechenland beim Schutz seiner EU-Außengrenze inzwischen seine Hausaufgaben erfüllt hat. Fortdauernde Defizite Athens könnten die Verlängerung der Kontrollen der Schengen-Binnengrenzen rechtfertigen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekannte sich in ihrer wöchentlichen Videobotschaft aber grundsätzlich zur Reisefreiheit innerhalb des Schengenraums: „Ich habe mich dafür entschieden, dafür zu kämpfen, dass wir unsere Außengrenzen schützen können, dass wir den Raum der Reisefreiheit, der Bewegungsfreiheit, der Niederlassungsfreiheit behalten, damit Europa stärker machen“, sagte sie in dem am Samstag veröffentlichten Podcast. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) begründete seinen Ruf nach fortgesetzten Kontrollen mit der Sicherheitslage: „Islamistische Terroristen machen auch vor deutschen Grenzen nicht halt“, zitierte ihn die „Welt“. Der SPD-Innenexperte Uli Grötsch sagte der Zeitung hingegen: „Ich halte das Aufrechterhalten der Grenzkontrollen für Unsinn.“ Wichtig sei eine gemeinsame Sicherung der EU-Außengrenzen.