Der neue Göppinger Feuerwehrkommandant Harald Knobloch ist nach anderthalb Monate immer noch zuversichtlich, dass die Querelen bei der Göppinger Wehr endgültig beendet sind. Er kennt die Bedeutung des Ehrenamts, will aber trotzdem mehr Berufsfeuerwehrleute, sagt er im Gespräch mit der StZ.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)
Göppingen – - Der Chefsessel bei der Göppinger Feuerwehr ist in den vergangenen Jahren ein wahrer Schleudersitz gewesen. In kurzer Folge wechselten die Kommandanten. Seit Anfang März ist nun Harald Knobloch Göppingens oberster Brandbekämpfer. Der 47-Jährige aus Augsburg will Haupt- und Ehrenamtliche zusammenführen und eine Wehr, die zuletzt unter einer unglaublichen Pechsträhne litt, aus den Schlagzeilen befördern.
Herr Knobloch, wir haben ein bisschen damit gezögert, Sie zu interviewen.
Was meinen Sie?
Ihre Vorgänger sind ja teilweise recht schnell wieder weg gewesen. Das hat Sie nicht abgeschreckt?
Ich habe mich mit diesem Thema vorher schon ausreichend befasst, aber ich fand die Aufgabe trotzdem spannend.
Warum?
Ich war in Augsburg bei der Berufsfeuerwehr für die Technik zuständig. Die Kommandantenstelle ist eine viel umfassendere Tätigkeit: Fahrzeugbeschaffung, Fahrzeugunterhalt, hauptamtliche Besatzung und das ehrenamtliche Personal – das ist viel breiter gefächert und das fand ich interessant. Zudem hat die Göppinger Feuerwehr eine Größe, bei der ich mir gesagt habe: Das traue ich mir zu.
Aber Sie haben ja schon ein bisschen gezögert. Sonst hätten Sie sich nicht erst auf die zweite Ausschreibung beworben.
Die erste habe ich wohl gar nicht mitgekriegt. Vermutlich war ich da noch nicht so weit, dass ich nach so einer Aufgabe Ausschau gehalten hätte.
Einer Ihrer Vorgänger hat behauptet, die Göppinger Feuerwehr sei unführbar.
Das habe ich bis jetzt nicht so erlebt. Alle sind mir gegenüber sehr offen. Sicher wird der eine oder andere abwarten und schauen: Was macht der so. Aber wir hatten schon einige Zugführerbesprechungen und Feuerwehrausschusssitzungen – die verliefen harmonisch.
Wie viel Prozent Ihrer Arbeit werden Sie wohl aufs Team-Building verwenden?
Momentan sind wir noch in der Kennenlernphase. Das Hauptamt kenne ich inzwischen, die Ehrenamtlichen kenne ich natürlich noch nicht alle. Was das Team-Building im Hauptamt betrifft, sind wir schon dabei. Da gibt es nächste Woche eine Dienstbesprechung, sodass ich alle beisammen habe und wir uns austauschen, was die Sorgen und Wünsche sind.
In welchem Zustand befindet sich die Göppinger Feuerwehr aus Ihrer Sicht?
Durch die lange Abwesenheit des Kommandanten ist natürlich einiges liegen geblieben und vieles nicht entschieden worden, was die Feuerwehrhäuser betrifft oder das hauptamtliche Personal. Aber insgesamt befindet sie sich aus meiner Sicht in einem guten Zustand.
Vielleicht haben Sie gegenüber Ihren Vorgängern den Vorteil, dass Sie ein Schwabe, wenn auch ein bayerischer Schwabe, sind.
Die Mentalität und die Sprache ist ähnlich. Aber ich denke eher, dass ich einen Vorteil habe, weil ich auch aus der Freiwilligen Feuerwehr komme. Ich war bis zum Schluss an meinem Wohnort Bobingen bei der dortigen Freiwilligen Feuerwehr aktiv. Ich kenne also beide Seiten, ob als Hauptamtlicher oder Ehrenamtlicher.
Jetzt müssen Sie aber Haupt- und Ehrenamtliche in einer Feuerwehr zusammenführen. Haben Sie da einen Plan?
Ich denke, die Zusammenarbeit funktioniert gut, wenn man beachtet, wie jede Seite tickt. Das Ehrenamt muss höchste Priorität haben und ernst genommen werden. Schauen Sie: Gerade sind zusammen mit mir drei Hauptamtliche in der Feuerwache anwesend. Damit können wir kein Löschfahrzeug voll machen. Auch wenn das hauptamtliche Personal nach dem Bedarfsplan aufgestockt wird, sind wir weiterhin auf die Ehrenamtlichen angewiesen. Allerdings wollen auch die Hauptamtlichen wichtig genommen werden und nicht nur diejenigen sein, die nach dem Einsatz die Fahrzeuge putzen. Da muss man die richtige Balance finden.
Sie haben den Feuerwehrbedarfsplan erwähnt. Er nennt einige Mängel. Was ist aus Ihrer Sicht das Wichtigste, was angegangen werden muss?
Da ist zunächst die Verbesserung der Personalsituation im Hauptamt, besonders was die Besetzung der Leitstelle betrifft. Da übernehmen wir Aufgaben für den ganzen Landkreis. Das nächste sind die Bauten. Faurndau ist massiv zu verbessern, und auch an der Hauptwache besteht Handlungsbedarf.
Laut dem Bedarfsplan braucht die Feuerwehr häufig zu lange zum Ausrücken.
Wir haben tagsüber das Problem, dass die Ehrenamtlichen nicht so gut verfügbar sind. Sie arbeiten vielleicht weiter weg, der Verkehr ist dichter. Das dauert dann alles länger; deshalb die Idee, von 7 bis 16 Uhr mehr Hauptamtliche da zu haben, damit wir im Einsatzfall mit dem ersten Fahrzeug schon mal losfahren können oder Kleineinsätze abarbeiten können, ohne Ehrenamtliche von der Arbeit rufen zu müssen.
Sie sind hier an eine Feuerwehr geraten, die unter einer unglaublichen Pechsträhne leidet. Da wird aus einer Übung ein ernsthafter Großbrand. Kurz vor Ihrem Amtsantritt brannte das Feuerwehrhaus in Jebenhausen. Wie war das für Sie?
Peter Melzer, der stellvertretende Kommandant, hat mir eine SMS mit einem Foto geschickt. Da habe ich schon gedacht: Das muss jetzt nicht auch noch sein. Wer allerdings die Feuerwehrfachpresse liest, weiß, dass so etwas bundesweit schon zwei bis drei Mal im Jahr vorkommt. Die Batterien der Fahrzeuge werden permanent geladen. Da kann es technische Defekte geben.
Apropos Defekte. Die Drehleiter ist auch ständig kaputt. Peinlich, oder?
Ja. Aber da wird jetzt Ersatz angeschafft. Die Bestellung liegt beim OB. Laut der Herstellerfirma wird das neue Fahrzeug im Dezember geliefert.
So lange müssen Sie in Uhingen und Eislingen um Hilfe bitten.
Nein, momentan funktioniert sie wieder.
Dann kommen wir zur Gretchenfrage: Wo werden Sie in fünf Jahren sein?
Es wäre schön, wenn wir in fünf Jahren nicht mehr in dieser Wache wären.
Hm, die sieht in der Tat ein bisschen aus wie ein ostdeutscher Plattenbau.
Das ist der Baustil der siebziger Jahre. Aber die Wache ist einfach zu eng. Deshalb gibt es Planungen für eine Erweiterung. Auch ein Neubau hier oder an anderer Stelle ist denkbar. Das Problem ist, dafür ein Grundstück zu finden, das zentral liegt und gut zu erreichen ist.