Bürgerbeteiligung ist dem neuen Herrenberger Baubürgermeister Tobias Meigel genauso wichtig wie seinem Chef, OB Thomas Sprißler. Das heiße aber nicht, dass sich in allen Fragen ein vollständiger Konsens erreichen ließe, sagt er.

Herrenberg - Im Februar hat der neue Herrenberger Bürgermeisters Tobias Meigel sein Amt angetreten. Es ist eine turbulente Zeit im Herrenberger Rathaus: kaum ist das neue Freibad eröffnet worden, steht bereits die nächste wegweisende Entscheidung an. Noch wird in der Stadt kontrovers diskutiert, wie man die Innenstadt am besten vom Verkehr entlasten kann.

 
Seit Februar sind Sie nicht nur Baubürgermeister, sondern auch Erster Bürgermeister von Herrenberg mit vielen Aufgaben. Gibt es eine, die Sie überrascht hat?
Auf fachliche Überraschungen bin ich durch die lange Tätigkeit im kommunalen Bereich gut vorbereitet. Ich habe jetzt allerdings auch einige repräsentative Aufgaben: Gratulationen bei Hochzeitsjubiläen oder den Besuch von Vereinsversammlungen. Dabei bekommt man einen guten Eindruck, wie die Bürger Herrenberg wahrnehmen und ein Bild von der Vielfalt der Stadt. Das ehrenamtliche Engagement ist enorm!
Woran liegt das?
Sicherlich auch an der jahrhundertealten Stadtgeschichte: dadurch hat sich ein Bürgerstolz im positiven Sinne herausgebildet, der auch beinhaltet, füreinander dazusein. In kleineren Gemeinden, die nur aufgrund ihres Wachstums zur Stadt ernannt worden sind, findet man das nicht so stark.
Sie sind sehr jung zum Baubürgermeister gewählt worden, mit 37 Jahren...
Mein Vorgänger, Andreas Gravert, war zu Beginn seiner Amtszeit erst 36!
Ist es nicht trotzdem schwierig, plötzlich Chef von teilweise wesentlich älteren Mitarbeitern zu sein, die schon seit Jahrzehnten in der Herrenberger Verwaltung arbeiten?
Im Arbeitsleben hat man immer mit jüngeren und älteren Kollegen zu tun, wir begegnen uns alle auf Augenhöhe. Manche Kollegen haben einen wahnsinnigen Erfahrungsschatz, andere bringen frischen Wind – das ist eine gute Mischung.
Sie sind in Ulm aufgewachsen und haben danach Architektur in Stuttgart studiert. Warum ?
Der Wandel von Städten hat mich schon als Kind fasziniert. Der Münsterplatz in Ulm war beispielsweise lange ein Busparkplatz – bis dort Anfang der 90er Jahre das moderne Stadthaus gebaut wurde, in dem heute Ausstellungen stattfinden. Das fand ich damals schon spannend. Außerdem ist Architektur ein Fach, das Kreativität und Technik perfekt kombiniert.
Sie haben einige Jahre im Sindelfinger Stadtplanungsamt gearbeitet. Das dortige Rathaus ist ein Betonklotz aus den 70er Jahren. Wie haben Sie das als Architekt erlebt?
Das Sindelfinger Rathaus ist ein Kind seiner Zeit, hat aber für die Nutzer durchaus Vorteile. Die Flure sind breit, es gibt viele Begegnungszonen. Heute, wo Bürgernähe viel wichtiger geworden ist, würde man ein Rathaus aber nicht mehr auf einen solchen „Podest“ stellen.
Der Unterschied zu Herrenberg könnte kaum größer sein, oder?
Hier ist das Rathaus in einem historischen Fachwerkhaus untergebracht. Außerdem steht es direkt am Marktplatz, wo das vielfältige Stadtleben tatsächlich stattfindet.
In wenigen Tagen wird die Verwaltung einen Vorschlag präsentieren, wie die Herrenberger Innenstadt vom Verkehr entlastet werden kann. Ist dabei ein Konsens möglich?
Ich bin da ganz guter Dinge. Aber Verkehr ist ein sehr emotionales Thema. Jeder hat ein ganz individuelles Bedürfnis nach Mobilität, keiner will sich einschränken lassen. Deshalb wird es keinen Vorschlag geben, der allen Wünschen gerecht werden kann. Trotzdem wird er große Vorteile für die Entwicklung der Innenstadt bedeuten. Wir haben eine sehr gute Entscheidungsgrundlage und werden am gemeinsamen Zeitplan festhalten: am 21. Juli soll die Entscheidung fallen.
Der Herrenberger OB Thomas Sprißler ist für seinen partizipativen Politikstil bekannt, den auch Sie teilen. Gibt es auch Situationen, wo man mal auf den Tisch hauen muss?
Wenn ein intensiver Beteiligungsprozess stattgefunden hat, darf sich die Verwaltung durchaus eine starke fachliche Meinung zu einer Frage bilden. Mitmachen bedeutet auch machen. Schließlich wollen wir nicht nur verwalten, sondern auch gestalten.
Das Gespräch führte Kata Kottra.

Zur Person: ein Senkrechtstarter im Herrenberger Rathaus

Im Februar hat Tobias Meigel sein neues Amt als Herrenberger Baubürgermeister und Erster Bürgermeister angetreten. Davor hatte er drei Jahre lang das Stadtplanungsamt in Filderstadt geleitet. Frühere berufliche Stationen hatten Meigel bereits nach Sindelfingen und Leonberg geführt.

Der gebürtige Ulmer hat in Stuttgart zunächst Architektur studiert und dann einen Master in Stadtplanung drangehängt. Mit Frau und Tchter lebt Meigel in Rutesheim.