Kaum sind die Narren weg, wird Enthaltsamkeit gepredigt: Die Fastenzeit hat begonnen. Statt trockener Trennkost ist jedoch der Internettrend „Food Porn“ in aller Munde – und dabei geht es nicht darum, dass sich nackte Menschen beim Schnabulieren ablichten.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Kaum sind die Narren weg, wird Enthaltsamkeit gepredigt: Die bis in die Osternacht dauernde Fastenzeit hat begonnen. Statt trockener Trennkost ist derzeit aber der aktuelle Internettrend „Food Porn“ in aller Munde. Dabei geht es nicht darum, dass sich Menschen beim nackten Schnabulieren ablichten. Das Phänomen beschreibt stattdessen den Umstand, dass User das Schnitzel der Woche, den Nachtisch ihres Lebens oder die neueste Kantinenverfehlung fotografieren und anschließend im Netz verbreiten. Vor allem bei Facebook gibt es jede Menge Aufnahmen, die mehr oder weniger ästhetisch fotografierte Mahlzeiten zeigen.

 

Was aber hat es mit dieser neuen Spielart des digitalen Striptease auf sich? „Im Food Porn spiegeln sich aktuelle Trends: der Hang zu einer idealisierten Dokumentation der Realität, die als Ersatz für die Realität dient und mehr verspricht, als die Realität selbst halten kann“, erklärt Okke Schlüter, Professor für Mediapublishing an der Stuttgarter Hochschule für Medien. „Die Fotos von Hobbyköchen resultieren aus den technischen Möglichkeiten der Verbreitung, sind aber auch dem Bedürfnis der Nutzer geschuldet, sich über eigene Beiträge zu präsentieren, bisweilen zu profilieren“, so der Medienexperte weiter.

Twitter und Instagram

Die Food-Fotos werden nicht nur über Facebook verbreitet, auch auf Twitter oder dem Portal Instagram finden sich zahlreiche Essensbilder. Einer der aktivsten Twitter-Kanäle in diesem Bereich trägt den bezeichnenden Titel „@fressfressfress“ und wird von der Studentin Eva Göth (21), Mediengestalter Pascal Huber (20) und der 21-jährigen Webdesignerin Lisa Bäuerle betrieben: „Wir teilen unsere Liebe zum Essen gerne mit unseren Followern. Unter anderem aus Spaß, aus Stolz auf unsere Kochleistungen, aber auch einfach nur, um anderen unter die Nase zu reiben, was wir gerade Leckeres essen.“

Auf die neue Flut der mit digitalem Retrorahmen inszenierten Currywürste gibt es im Netz auch kritische Stimmen: „Bitte nervt mich nicht immer mit eurer belanglosen Nahrungsaufnahme“, lautet ein harmloserer Kommentar. Und wie stehen Gastronomen zu wild um sich fotografierenden Gästen? „Ich sehe das positiv. Wir legen auf die Präsentation unserer Gerichte großen Wert. Ein Foto ist ein Zeichen dafür, dass die Gäste dies genauso sehen“, erklärt Philipp Berg vom Restaurant Berg in Heslach. Laut Food-Porn-Anhängern taugt der Trend übrigens als digitale Diät: Wann immer man in der Fastenzeit Lust auf eine Torte hat, schaut man sich einfach die ansprechend fotografierten Kuchenbilder im Netz an. Das spart ganz analog jede Menge Kalorien.