Das Bundesverfassungsgericht hat den öffentlich-rechtlichen Sendern mehr Staatsferne verordnet. Das kostet die kommunalen Spitzenverbände in Baden-Württemberg ihren Sitz im Verwaltungrat des SWR. Sie ärgern sich über den Beschluss des Landtags.

Stuttgart - Der umstrittene SWR-Staatsvertrag ist unter Dach und Fach. Der Landtag hat die Nachbesserungen an dem Vertragswerk bereits Anfang Mai abgesegnet, doch bei den Kommunen hält die Unzufriedenheit an. „Kommunale Vertreter werden künftig aus den Gremien verbannt“, klagte Günther-Martin Pauli, der Medienexperte der CDU schon in der Landtagsdebatte. Roger Kehle, der Präsident des baden-württembergischen Gemeindetags erklärt, „mittelfristig wird kommunalen Vertretern der Zugang zum Verwaltungsrat verwehrt“. Das hält der Vertreter des kommunalen Spitzenverbands schlichtweg für falsch: „In den Gremien des SWR soll sich die Pluralität der Gesellschaft abbilden. Da gehören für mich die Kommunalen unzweifelhaft dazu.“

 

Pluralität der Gesellschaft oder Dominanz des Staates? Der Auslöser der langwierigen Debatte um die Staatsferne war im Jahr 2009 die Weigerung der CDU-Vertreter im ZDF-Fernsehrat den Chefredakteur Nikolaus Brender wieder zu wählen. In der Folge hat das Bundesverfassungsgericht mehr Staatsferne in den Gremien der öffentlich rechtlichen Sender verlangt und den Anteil der Staatsvertreter in den Räten auf ein Drittel begrenzt. Der ZDF-Staatsvertrag soll zum 18. Juni geändert werden. In der Folge müssen die Staatsverträge der Landessender angepasst werden.

Kommunale Spitzenverbände verlieren Sitz

Das kostet jetzt die kommunalen Spitzenverbände im Verwaltungsrat des SWR ihren Sitz. Die 18 Mitglieder des Gremiums haben ein Auge auf die Geschäftsführung des Intendanten und legen den Haushaltsplan fest. Überraschend wird jetzt der kommunale Vertreter den staatlichen Vertretern zugerechnet. Er darf nicht mehr vom Rundfunkrat in den Verwaltungsrat entsandt werden, sondern würde auf das Ticket von Regierung oder Landtag reisen. Die sogenannte Staatsbank schrumpft beim SWR im Interesse der Staatsferne zudem von sieben auf sechs Mitglieder.

Damit die Drittel-Begrenzung des Verfassungsgerichts stimmt, hat auch die Regierung Federn gelassen: statt zwei Ministern aus Baden-Württemberg ist künftig nur noch Platz für den Bundesratsminister Peter Friedrich (SPD). Medienministerin Silke Krebs (Grüne) verzichtet auf ihren festen Sitz und begnügt sich mit der Stellvertretung Friedrichs. Wie gehabt dürfen drei Landtagsabgeordnete aus dem Südwesten auf der Staatsbank Platz nehmen. Das sind wie bisher Günther-Martin Pauli (CDU) und Wolfgang Drexler (SPD), neu hinzu kommt Edith Sitzmann (Grüne) für ihre Parteifreundin Charlotte Schneidewind-Hartnagel. Zwei Sitze sind reserviert für ein Regierungsmitglied und einen Landtagsabgeordneten aus Rheinland-Pfalz.

CDU lehnt den Vertrag ab

Die CDU ist und bleibt unzufrieden, und hat den Änderungen im Landtag auch nicht zugestimmt. Doch war für die Kommunen nicht mehr drin, erläutert die Medienministerin Silke Krebs. Für sie lässt das Verfassungsgericht keinen Zweifel daran, dass Oberbürgermeister und Bürgermeister ebenso zur Staatsbank gehören wie „Vertreter der kommunalen Spitzenverbände auf Leitungsebene“. Darüber ließe sich trefflich streiten, findet hingegen der Gemeindetagspräsident Roger Kehle und verweist auf andere Ansichten in einigen anderen Bundesländern. Dennoch rät er von juristischen Auseinandersetzungen ab. Das sei der Sache nicht dienlich, auch sollte nicht jede politische Entscheidung durch Gerichte ersetzt werden.

Jetzt bliebe noch, dass Regierung und Landtag einen Kommunalvertreter auf ihre Kosten in den Verwaltungsrat schicken. Danach sieht es aber nicht aus. Silke Krebs verweist darauf, dass die Regierung selbst nur noch einen Vertreter habe. Gegenwärtig hält Günther-Martin Pauli das Fähnlein der Kommunen im Verwaltungsrat hoch, schließlich ist der Abgeordnete im Hauptberuf Landrat im Zollernalbkreis. Doch genau deshalb darf er nicht mehr zur Landtagswahl antreten.

„Niemand hätte damit gerechnet, dass das Verfassungsgericht eine Staatsbankdefinition macht“, sagt die Medienministerin. Trotz des daraus resultierenden Ärgers mit den Kommunen ist Silke Krebs stolz auf den Staatsvertrag. Der SWR werde als erste Anstalt den Vorgaben des Verfassungsgerichts gerecht und die jetzt vom Gericht geforderte Quotierung erfülle der SWR-Staatsvertrag von 2013 bereits in seiner bisherigen Fassung. In Zukunft müsse der Landtag zudem mindestens einen Mann und eine Frau entsenden. Im Fall des einzigen verbliebenen Regierungsvertreters aus Baden-Württemberg muss auf einen Mann eine Frau folgen und umgekehrt.

Gremien konstituieren sich im Juli neu

Im Juli tritt der neue Rundfunkrat des SWR, der über die Programmgrundsätze wacht, erstmals zusammen. In diesem Gremium wurde nichts geändert. Schon jetzt sind nur 23 Prozent der 74 Mitglieder als „staatsnah“ eingestuft.

Das Urteil des Verfassungsgerichts vom 25. März 2014 zum ZDF-Staatsvertrag bedingt Änderungen im Verwaltungsrat des SWR. Künftig wählt der Rundfunkrat der Zwei-Länder-Anstalt zehn statt neun seiner Mitglieder in den Verwaltungsrat, davon acht aus Baden-Württemberg. Diese dürfen aber nicht von den Landtagen oder den kommunalen Spitzenverbänden in den Rundfunkrat gewählt worden sein. Zwei Verwaltungsräte entsendet der Personalrat, vier die Landtage, zwei die Landesregierungen