Seit Jahresbeginn leitet Matthias Fornhoff die ZDF-„Heute“-Nachrichten. Er soll wieder mehr Zuschauer zum Sender bringen.

Stuttgart - Der neue Chef hat erst mal Pause. Nicht Matthias Fornoff, sondern seine Kollegin Petra Gerster erklärte also am Neujahrstag in der „Heute“ -Ausgabe um 19 Uhr, wo überall auf dem Erdball ganz doll Silvester gefeiert wurde und wie die E-Zigarette funktioniert. Ein eher nachrichtenarmer Tag war das in diesem noch frischen Jahr, in dem aber alles noch viel besser werden soll. Das verspricht zumindest der neue Nachrichtenchef vom ZDF für seine Sendung.

 

Am 1. Januar hat Matthias Fornoff von Luc Walpot die Leitung der ZDF-Nachrichten übernommen. Bereits seit vorigem September ist er deren Hauptmoderator. Der frühere Washington-Korrespondent und Vater zweier Kinder strotzt vor Elan. Er will mehr Formatklarheit schaffen und Marktanteile zurückgewinnen. Doch klar ist: Fornoff, der mit seinen 48 Jahren fünf Monate jünger ist als sein Format, wird das Rad nicht neu erfinden können.

Sinkende Marktanteile

Sinkende Zuschauerquoten

Seit die allererste „Heute“-Sendung am 1. April 1963 mit der Topmeldung „Die Eierpreise sind stabil“ aufmachte, hat sich viel getan. Vor allem optisch. Seit zweieinhalb Jahren sendet das ZDF die Nachrichten aus einem virtuellen Studio. Das sieht schick und modern aus. Die Zuschauer mögen das angeblich laut Umfrage. Trotzdem schmilzt die Quote: 2008, vor der Großrenovierung, hatten die Hauptnachrichten 16,9 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum und 10,4 Prozent bei der „aktiven Mitte“, den Dreißig- bis 59-Jährigen. In diesem Jahr (bis November) kommt die 19-Uhr-Ausgabe nur noch auf 15,6 Prozent respektive 10,5 Prozent. Es könnte besser sein.

Fornoff glaubt, dass die Quote nicht besser sein kann, solange das Programmumfeld aus Vorabendkrimis und Serien wie „Notruf Hafenkante“ so ist, wie es ist. Natürlich hätte er gerne mehr von den jüngeren Zuschauern. „Die Jungen suchen sich aber in erster Linie Sender aus, nicht Nachrichtensendungen“, sagt er und wird fuchsig, wer ihm unterstellt, er wolle „Heute“ verjüngen in Richtung „RTL aktuell“ : „Das, was ich da mache, steht nicht unter der Überschrift Verjüngungskur.“

Sachverhalte verständlich machen

Das genau will der „Heute“-Leiter und Stellvertreter von Elmar Theveßen in der Hauptredaktion Aktuelles umsetzen: verständlichere, positivere Nachrichten. Sein Team sieht Fornoff in der Pflicht, dem Zuschauer komplizierte Sachverhalte verständlich aufzudröseln. Nach neun Sendeminuten beinharter Relevanz frage er sich aber, ob jede Zwischenentscheidung des Bundesgerichtshofs wirklich eine Meldung wert ist. Oder ist in Indien etwas passiert, was dem Zuschauer ein gutes Gefühl mitgibt? „Das ist eine legitime Emotion, die sich eine Nachrichtensendung durchaus leisten kann.“

Was sich das ZDF in diesem Jahr definitiv nicht mehr leisten will, ist eine „Heute“-Pause am Vormittag. Bis vorige Woche noch hatten sich ARD und ZDF den Vormittag aufgeteilt und im Wochenwechsel auch für den jeweils anderen Kanal Nachrichten produziert. Das ZDF kündigte im November dieses Modell auf, die ARD folgte, und das Unwort „Vormittagskrieg“ machte die Runde. Mit „Krieg“ habe die Sache nichts zu tun, sagt Fornoff. Nüchtern zählt er die Gründe für das Auseinandergehen auf. Erstens brauche das ZDF eine präsente Vormittagsbesetzung, „um jederzeit aus eigener Kraft mit Breaking News reagieren zu können, wenn etwas Herausragendes in der Welt passiert“. Denn in einer Konkurrenzsituation, in der Kritiker haarklein nachrechneten, wie viele Minuten das ZDF später dran war als ARD und RTL, könne man sich Eilmeldungen auf gut Glück und ohne Struktur nicht mehr leisten. Zweitens, sagt Fornoff, müsse der Auftritt von heute.de aktuell sein, ergo: stets mit „Heute“-Bildern gespeist werden.

Das hat zur Folge, dass in dieser ersten Januarwoche, in der die ARD das „Morgenmagazin“ und das „Mittagsmagazin“ fürs ZDF stemmt, die „Heute“-Leute nicht frei haben, sondern um 9 und um 12 Uhr eigene Nachrichten herstellen. Über den Sinn dieser Neuerung kann man streiten. Unbestritten ist, da stimmt Fornoff zu, dass die Arbeitsbelastung zunähme, „aber nicht nur bei uns, in der ganzen Medienwelt“.

Muss ein extra Sportmoderator sein?

Es gibt mehr als Pest und Cholera

Um Entlastung zu schaffen, hat Fornoff zum Beispiel die 17-Uhr-„Heute“ um fünf Minuten gekürzt. Die Sportredakteure müssen indes mehr ranschaffen. Fornoff hat um 19 Uhr den Block mit Sportmoderator aktiviert – „um den Zuschauer wenigstens am Schluss der Sendung nicht mit dem Gefühl zu entlassen, es gibt nur Pest und Cholera“. „Erwünschter Nebeneffekt“ ist natürlich auch, dass so die Champions-League-Rechte verwertet werden können.

Der Extramoderator für den Sport wirft allerdings Fragen auf. So zählte jüngst ein Zuschauer genau nach, dass Wolf-Dieter Poschmann nur zwei Sportnachrichten vermeldete, und er fragte, ob sich da überhaupt ein zweiter Moderator lohne.

Die Frage ist berechtigt – vor dem Hintergrund, dass das ZDF mehr Personal beschäftigt, als es darf. Das hat die KEF, die den Finanzbedarf der Öffentlich-Rechtlichen überprüft, im Dezember gerügt, woraufhin der ZDF-Intendant Markus Schächter ein Einstellungsstopp verhängte, was Matthias Fornoff „natürlich nicht erfreulich“ findet. Um Wolf-Dieter Poschmanns Zukunft bei „Heute“ und die seiner Sportkollegen wird man sich aber wohl nicht sorgen müssen. Petra Gerster räumte bei einer Gelegenheit Zweifel aus: O ja, ein zweiter Moderator lohne sich. Das sei ja ein Sportexperte, was sie weiß Gott nicht von sich behaupten könne.