Nach Sushi, Gin und Stadtteilmagazin: Anna Ruzas und Stoff Büttners Kiosko in den ehemaligen Räumen des Café MuK versorgt den Stuttgarter Westen zukünftig mit Kaffee, Knabbereien und Kippen.

Stuttgart - Wo schlägt das Herz einer Großstadt? Nicht in den wummernden Clubs. Nicht in den mondänen Gourmettempeln, nicht im Rund einer Sportarena. Das Herz schlägt an einem viel unscheinbareren Ort. In der Alltäglichkeit des Lebens, in all den kleinen Lädchen, in den Geschäften ohne Bindung an große Ketten und Konzerne, in denen Menschen mit viel Leidenschaft ihren Traum leben und die Stadt bereichern.

 

Kiosko an der Johannesstraße 9a will auch ein solcher Laden werden. Ein neues Stück urbane Lebensqualität im Westen. Die Eröffnung des Ladens geht allerdings nicht ohne eine gewisse Ironie vonstatten. Ein paar Häuser weiter, an der Kreuzung zur Schlossstraße, steht ein Burger King kurz vor der Eröffnung. Ein kleiner, privat geführter und mit viel Idealismus designter und bestückter Mischling aus Kiosk und Café hier, ein großer Fast-Food-Vertreter da: Tag und Nacht könnten sich nicht stärker voneinander unterscheiden.

Jeder ist willkommen

Das findet auch ein älteres Ehepaar, das am Kiosko vorbeischlendert. Er, verpackt in einem langen Mantel und gekrönt von einer gewagten Mütze, hat kein gutes Wort für den Burgerbrater übrig, wünscht sich für Stuttgart (und die Welt im Allgemeinen) mehr Läden wie das Kiosko. Anna Ruza freut sich über eine solche Bemerkung. Nach dem „Streunen und Schlendern“-Westmagazin und nach dem Kunstautomat ist dies ihr nächstes Projekt, das sie gemeinsam mit ihrem Partner und Komplizen Stoff Büttner ausheckt. Als sie hörten, dass ihr Freund das Café MuK aufgeben wollte, um einfach mal um die Welt zu reisen, entschlossen sich die beiden kurzerhand, zuzugreifen.

Echte Macher sind die zwei. Sie haben eine Idee, klopfen sie auf Realisierbarkeit ab – und machen dann einfach. Das Kiosko soll nun ihre Vision vom gemütlichen Quartier-Hangout verkörpern. Am Samstag wird die Eröffnungsfeier von 15 bis 22 Uhr mit Musik, Snacks und Glühwein gefeiert. Und dann wird das Kiosko von Montag bis Samstag für Westler und alle anderen da sein, wird sie mit Getränken und einigen frischen Gerichten versorgen. „Bei uns können die Menschen in aller Ruhe einen Kaffee trinken oder sich einfach ein paar Bier kaufen und dann an den Feuersee setzen“, sagt Anna Ruza.

Wer das MuK kennt, wird den Laden nicht wiedererkennen. Auffällig prangt ein hell leuchtendes Schild über dem Laden. Die alte Decke kommt jetzt sehr gut zum Vorschein, auffällige Lampen spenden warmes Licht, das Fischgrätenparkett knarzt gemütlich.

Galerist Marko Schacher kommt zur Tür herein, beladen mit Kunstdrucken und Originalen des Künstlers Jim Avignon. Anna Ruza und Stoff Büttner sollen sich aussuchen, welches Bild nach draußen in den Schaukasten soll und welches für die nächste Zeit die leere Wand im Laden zieren soll. Nicht für immer, geplant sind regelmäßig wechselnde Künstler sowie Live-Painting-Aktionen. „Zu rot“, meint Anna Ruza zu einem, „zu klein“ zu einem anderen. Irgendwann haben sie sich geeinigt, Schacher zieht zufrieden von dannen. „Bis Montag“, ruft er noch.

Treffpunkt Kiosk

Es ist abzusehen, dass das Kiosko ein Treffpunkt wird. Das waren gute Kioske schon immer. Mittags wird es belegte Brote geben, auch das beliebte MuK-Birchermüsli gibt’s auf der kleinen Karte. Dazu eine Mischung aus Kiosk-Klassikern und wertigen Produkten: Schokomilch, aber auch Craft Beer von der Crew Republic. Popcorn, Chips, Limos, Weinschorle, Kippen. Kiosk 2.0 irgendwie, ergänzt um guten Kaffee von Schwarzmahler.

Und um zwei Menschen, die im Westen richtig viel bewegt haben: Arm in Arm stehen Anna Ruza und Stoff Büttner in ihrem kleinen Reich, überarbeitet, überglücklich. Ohne sie wäre es im Westen um einiges langweiliger, soviel steht fest. Und dabei ist noch nicht mal Frühling. „Dann geht‘s hier richtig ab“, meint Stoff Büttner und schmunzelt zufrieden. Sie haben eine Genehmigung für Außenbestuhlung, geplant ist außerdem die Verschönerung der kleinen Grünfläche vor dem Haus. „Da soll eine kleine Bühne hin – für Konzerte“, so Anna Ruza. Schöne Zeiten im Westen also, gar keine Frage. Selbst wenn mal Fast-Food-Dämpfe durch die Straße ziehen sollten.