Am Rotebühlplatz entsteht eine Mixtur aus Bar, Club und Tagescafé, an der Eberhardstraße der Club Noise. Beide Projekte zeigen, dass gut gemachte Gastronomie ein Mittel der Stadtentwicklung sein kann.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Wie so oft im Leben gibt es zwei Sichtweisen auf ein und dasselbe Vorhaben: Für die einen ist das neue Gastro-Projekt von Basti Sommer am Rotebühlplatz, das unter dem Arbeitstitel Weltraumbahnhof firmiert, eine weitere Etappe auf dem Wege der Aufwertung des Rotebühlplatzes, eine Fortsetzung des Fluxus-Gedankens, der auf den Säulen Zeitgeist und Freigeist beruht. Für die anderen ist die Mischung aus Bar, Tagescafé und Club, die Sommer derzeit in der ehemaligen Fläche von Alpinsport Bergland verwirklicht, ein erneuter Frontalangriff auf die letzten tapferen verbliebenen Anwohner der Stuttgarter Stadtmitte.

 

Basti Sommer, der seine Gastronomie-Karriere in Stuttgart einst als Betreiber des Unbekannten Tiers gestartet hat und danach unter anderem die Suite 212, das Bravo Charlie und die Schankstelle mitverantwortete, zuckt resignierend mit den Schultern, wenn man ihn auf die Anwohner- und Lärm-Diskussion anspricht. „Hier entsteht keine Großraumdiskothek, sondern eine dreigeteilte Gastronomie, deren Hauptaugenmerk auf Café und Bar liegt und deren kleinster Teil ein bestens isolierter Raum im Raum ist, in dem auch getanzt werden kann“, sagt Sommer. Der 47-Jährige plant neben ambitionierter DJ- und Barkultur auch Jazz-Konzerte zu veranstalten und will mit seinem Gastro-Projekt eher ein älteres Publikum bedienen.

Gastronomie als Mittel der Stadtentwicklung

„Ständig wird auf uns Gastronomen herumgehackt, dabei haben wir aus einem Brennpunkt vor der Calwer Passage einen belebten Ort gemacht“, findet Sommer. Tatsächlich funktioniert Gastronomie am Rotebühlplatz wie auch an anderer Stelle in Stuttgart, zum Beispiel am Marienplatz, als Mittel einer behutsamen Stadtentwicklung. Aus einer Betonwüste oder einer unwirtlichen Ecke wird durch die richtigen Bars ein Ort, der ein gutes Publikum anzieht. Dass mehr Leben aber auch mehr Geräusche mit sich bringt, ist eine Erkenntnis, für die man kein Physikdiplom braucht. Dass man es als Anwohner neben einer brachliegenden Calwer Passage sicherlich ruhiger gehabt hat, ist auch keine originelle Feststellung.

„Dabei wird der Platz hier keinen Deut leiser, wenn wir zuhaben, dann treffen sich nämlich die Halbstarken zur Stimmprobe und testen, wie laut es hier hallt.“ Das Ausgehverhalten habe sich zudem längst verändert. „Du kannst die Leute nicht mehr einsperren, die wollen sich draußen aufhalten“, sagt Sommer. Deshalb will er auch den Platz vor seinem Lokal bewirten. Das Podest in Richtung Theodor-Heuss-Straße will er künftig gemeinsam mit der Bar Tatti bewirtschaften. Die Eröffnung des Weltraumbahnhofs (Gastronaut Sommer: „Ich brauche immer ein inhaltliches Thema. Wie der Laden dann wirklich heißt, wird sich zeigen.“) soll Anfang April erfolgen, der Mietvertrag läuft bis 2020.

Die Macher des Noise warten auf die Baugenehmigung

Ein reines Club-Projekt soll dagegen derzeit auf der anderen Seite der Königstraße an dem Platz entstehen, der sich zwischen der Eberhardstraße und der Unterführung zur Haltestelle Rathaus befindet. Dort warten Ninette Sander und Ralf Bauer, die gemeinsam auch das Schocken betreiben, auf die Baugenehmigung für ihren Club Noise. Das Duo hat im vergangenen Jahr bereits die Bar White eröffnet, die in den vergangenen Monaten unter anderem als alternativer Ort für Lesungen mit DJ Westbam oder Reporter Patrick Bauer positiv aufgefallen ist.

„Wir freuen uns, wenn wir die Baugenehmigung in den Händen halten, damit wir endlich loslegen können“, sagt Ninette Sander. Der neue Club soll Platz für 300 Gäste haben, der Fokus liegt auf elektronischer Musik, das Booking wird von Manuel Klink verantwortet, der unter anderem einen Blog für elektronische Musik mit Namen „Es ist Liebe“ betreibt. Proteste von Anwohnern gibt es an dieser Stelle bislang keine. Gegen eine Aufwertung des in den vergangenen Jahren heruntergekommenen Platzes, an dem sich auch das vietnamesische Lokal Breitengrad angesiedelt hat, dürfte eigentlich keiner etwas haben. Wobei man sich da in Stuttgart nie ganz sicher sein kann.