Der Sommer geht, die Talkshows kommen zurück. Volker Herres verteidigt die Offensive. Und Anne Will startet in veränderter Form.

Berlin - Mit „Anne Will“ startet die ARD ab der kommenden Woche ihr neues Sendeschema bei den Talkshows. Die Polittalkerin beginnt am Mittwoch (31. August, 22.45 Uhr) auf einem neuen Sendeplatz mit einem etwas veränderten Konzept. Mit dem Format des neuen ARD-Talkers Günther Jauch ab 11. September hat das Erste dann fünf Gesprächssendungen. ARD-Programmdirektor Volker Herres verteidigte dies am Freitag im dapd-Interview.

 

„Wir haben ein Format mehr als bisher. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass vorher unsere vier Formate mit dieser Leidenschaft diskutiert wurden“, sagte er. Es werde darauf ankommen, dass gute Sendungen gemacht werden, und er sei sehr froh, dass die ARD „fünf sehr profilierte Gesichter“ habe. „Andere haben Talker, die fast jeden Abend auftreten. Wir bieten echte Vielfalt. Ich bin sehr optimistisch, dass das beim Publikum gut ankommt.“

Maischberger trifft Roche

Wegen der Neuverpflichtung von Jauch und des geplanten einheitlichen Sendebeginns der „Tagesthemen“ um 22.15 Uhr von Montag bis Donnerstag hatten die ARD-Intendanten ein neues Schema mit teilweise neuen Sendeplätzen für die Talkshows im Ersten beschlossen. Ab 31. August läuft „Anne Will“ immer mittwochs nach den „Tagesthemen“. Ihren früheren Sendeplatz am Sonntag um 21.45 Uhr übernimmt Jauch.

Polittalker Frank Plasberg ist ab 5. September mit „hart aber fair“ montags um 21 Uhr im Ersten zu sehen, und Reinhold Beckmann mit seinem Talk am Donnerstagabend um 22.45 Uhr. Sandra Maischberger tritt mit „Menschen bei Maischberger“ ab 30. August wie bisher am späten Dienstagabend auf. Sie startet nach der Sommerpause mit dem Thema „Sexualmoral 2011: Kein Anstand, kein Tabu?“, das sie unter anderen mit Bestsellerautorin Charlotte Roche diskutiert.

Will mit verändertem Konzept

Will wird ihr Format nun mit einem Einzelgespräch beginnen, die übrigen Gäste stoßen nach und nach zu der Runde, wie sie am Freitag in Berlin ankündigte. In der ersten Ausgabe auf dem neuen Sendeplatz geht es um das Thema Jugendgewalt. Gäste sind unter anderen Spitzenkoch Tim Raue, Rapper Sido, der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und Schauspielerin Veronica Ferres.

Die Moderatorin hofft auf 1,5 bis 2 Millionen Zuschauer. „Dann hätten wir es schon super gut gelöst“, sagte sie. „Hart aber fair“, zuvor am Mittwochabend eine Stunde früher ausgestrahlt, hatte seit Jahresbeginn im Schnitt 3,11 Millionen Zuschauer (Marktanteil 12,7 Prozent). „Anne Will“ hatte auf dem alten Sendeplatz am Sonntagabend in diesem Jahr durchschnittlich 4,05 Millionen Zuschauer (Marktanteil 14,1 Prozent) eingeschaltet.

ZDF plant keine neuen Talkshows

ZDF-Chefredakteur Peter Frey schloss derweil für seinen Sender, der am Donnerstagabend „Maybrit Illner“ im Programm hat, weitere Polit-Talkshows auf absehbare Zeit aus. Es gebe im Moment keine Pläne hierfür, sagte er im dapd-Interview. „Allein gegen alle, kann ich nur sagen. Mit Maybrit Illner habe ich davor keine Angst“, sagte er. Zudem habe das Zweite das Interviewformat „Was nun, ....?“, „das wir ins Programm werfen, wenn etwas Besonderes passiert“, sagte Frey. „Davon halte ich mehr, als das immer gleiche Talkpersonal durch die Fernsehstudios zu schicken.“

Aus Sicht des Medienexperten Bernd Gäbler tragen die heutigen Polit-Talkshows wenig zu politischer Bildung und zur Aufklärung des Bürgers bei. Sie seien „eher ein Sehschlitz, durch den der Zuschauer auf gesellschaftliche Vorgänge blickt als die tatsächliche Widerspiegelung der Gesellschaft oder gar das Zentrum der politischen Aufklärung, als welches sie sich gerne darstellen“, sagte er im dapd-Interview. Schuld daran seien vor allem die starke Ritualisierung und der „Schematismus“ der Sendungen, mit der „immergleichen Runde von fünf Teilnehmern und dem routinierten Verwenden von Einspielern“, sagte der Journalist und ehemalige Geschäftsführer des Grimme-Instituts.