Wenige Jahre vor seinem Tod hat der Renaissance-Baumeister Heinrich Schickhardt feinsäuberlich aufgeschrieben, was er so alles besitzt. Darunter ist auch ein Pokal aus Göppingen, den er erhielt, obwohl die konstruierte Brücke nicht lange hielt. All das gibt es jetzt in einem dicken Buch.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Bad Boll/Göppingen - Der silberne Pokal mit Goldkante und Deckel, darauf ein Ritter mit Fähnchen in der Hand, ist nur einer von vielen in der Sammlung. Aber Heinrich Schickhardt wusste ganz genau, woher er das knapp 400 Gramm schwere Behältnis bekommen hatte. „Die Herren zu Göppingen haben mir am 18. Mai 1626, weil ich ihnen einen Entwurf zu einer neuen Brücke über die Fils gemacht habe, diesen Becher verehrt, den habe ich dem Benedikt, meines Bruders Tochtermann, auf sein Begehren wieder fahren lassen. Ich habe diesen Becher 1632 wieder bekommen“, vermerkt der große Renaissancebaumeister in seinem Inventarium.

 

Von 1630 bis 1632 hat Schickhardt feinsäuberlich alles notiert: Seine liegenden Güter – also die Immobilien –, seine Bücher, seine fahrenden Güter wie Möbel und Geschirr und eben die Gaben, die ihm für seine Arbeit verehrt wurden, meist liebevoll skizziert und kommentiert. Natürlich sind auch die Pläne für seine Bauwerke zu finden. 18 Kirchen und zwölf Schlösser gehen auf ihn zurück, 57 hat er umgebaut. In vielen württembergischen Städten und Gemeinden von Bad Boll über Esslingen bis nach Freudenstadt sind seine Bauten zu sehen. Aber auch in Teilen des Elsass, die damals württembergisch waren, stehen Zeugen der Schickhardt-Architektur.

Nach 110 Jahren ein neues Standardwerk

Dort, rund um Montbélliard, ist man durchaus stolz auf diese Vergangenheit. Aus Frankreich kam deshalb auch die Anregung, die Inventarliste des großen Baumeisters, die heute im Württembergischen Landesarchiv in Stuttgart lagert, zu erforschen und als Buch herauszugeben. Schließlich liegt die Herausgabe des letzten Standardwerks zu Heinrich Schickhardt schon 110 Jahre zurück.

Zusammen mit den Franzosen André Bouvard und Charles Zumsteeg hat der ehrenamtliche Bad Boller Gemeindearchivar Eckhard Christof die Akten gesichtet. Sechs Jahre konzentrierte Arbeit liegt hinter den drei pensionierten Lehrern. Meist fuhr Christof nach Horbourg-Wihr, wo neben den Kollegen auch ein Gugelhupf, gebacken von Denise Rietsch, der stellvertretenden Bürgermeisterin des 5000-Einwohner-Ortes, wartete. Sie ist zugleich Präsidentin der „Kulturstraße des Europarats Heinrich Schickhardt“.

Die Brücke hält nur wenige Monate

Jetzt liegt ein 3,7 Kilogramm schweres und 664 Seiten dickes Werk vor, das für 98 Euro auch zu kaufen ist. Darin ist die Inventarliste im Original, sowie in französischer und deutscher Übersetzung zu studieren. Schickhardts Renaissance-Deutsch ist nämlich nicht leicht zu lesen, zumal immer wieder reizende schwäbische Einstreuungen zu finden sind. Für deren Übersetzung war natürlich Christof verantwortlich, der zwar 1945 in Stralsund auf der Flucht aus Stettin geboren wurde, aber viele Jahre als Boller Dorfschullehrer die schwäbische Mundart erlernt hat.

Die Göppinger – auch darüber schweigt das Werk nicht – hatten mit ihrer Schickhardt-Brücke, die etwa in Höhe der heutigen Sonnenbrücke über die Fils führte, übrigens zunächst kein Glück. Schon im ersten Winter stürzte sie ein. Viele Menschen ließen ihr Leben. Am Architekten lag das nicht. Der beauftragte Zimmermann hatte eigenmächtig drei Joche weggelassen.