Der Schultes, die Kundschaft und der Verband Region Stuttgart jubeln, die Innenstadteinzelhändler indes klagen. Das neue Einkaufszentrum am Rande der Altstadt hat rund 5300 Quadratmeter Verkaufsfläche – es ist für Murrhardter Verhältnisse riesig.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Murrhardt - Das nagelneue Einkaufszentrum mitten in Murrhardt ist der ganz große Wurf. Das jedenfalls behaupten die Befürworter der Murrarkaden, jenem Gebäudekomplex, den niemand übersehen kann, der durch das beschauliche Städtchen im Schwäbischen Wald läuft oder fährt. Die Zahlen sind durchaus beeindruckend: rund 5300 Quadratmeter Verkaufsfläche, zwei Parkdecks mit 180 kostenfreien Stellplätzen. Mehrere Filialisten hatten sich lange vor der Fertigstellung der Murrarkaden die Flächen gesichert: unter anderem Takko und Rewe, Aldi und DM.

 

Zwei Frauen, die an diesem Herbstnachmittag mit gefüllten Einkaufstaschen und mit strahlenden Gesichtern auf der unteren Parkebene in ihr Auto steigen, erzählen, dass sie sich speziell über die DM-Dependance in Murrhardt freuen. „So ein Geschäft hatten wir in Murrhardt vorher nicht“, sagt eine der beiden. Ein Gebäude, dass Murrarkaden heißt, hätte sie sich aber ein bisschen „schöner“ vorgestellt. Den Weg über die Hauptstraße in Richtung Altstadt würden sie aber trotz des neuen Einkaufszentrums auch künftig finden. Genau das bezweifeln aber die meisten alteingesessenen Innenstadteinzelhändler.

Die Innenstadteinzelhändler hadern mit dem Neubau

Richard Rauch ist der Vorsitzende der Aktion- und Leistungsgemeinschaft und sagt, viele der knapp zwei Dutzend Ladenbetreiber auf dem Marktplatz und darum herum beklagten zweistellige Umsatzeinbrüche, „manche haben 25 Prozent weniger als früher und das in der Vorweihnachtszeit“. Drüben im neuen Einkaufszentrum „geht’s ab“ – und die Altstadt sei menschenleer. Die Aktionsgemeinschaft habe eine kleine Umfrage gestartet, die meisten Kunden hätten erklärt, dass sie fortan „drüben“ – also in den Murrarkaden – alle ihre Einkäufe erledigen wollten. Der ernüchterte Bäckermeister Rauch fasst die Stimmung vieler Murrhardter so zusammen: „Was soll ich noch in der Innenstadt.“

Der Bürgermeister Armin Mößner hingegen erwartet, dass künftig viel mehr Murrhardter ihr Geld in ihrer Heimatstadt ausgeben, dass nun auch Menschen aus den umliegenden Gemeinden, etwa aus Großerlach und aus Sulzbach, zum Einkaufen kommen, und dass viele dieser Kunden zunächst zwar das Einkaufszentrum aufsuchen, dann aber den maximal einminütigen Abstecher in die Altstadt machen werden. Noch sei der ampelgeregelte Überweg über die Hauptstraße leider nicht fertig. Doch sobald diese Bauarbeiten erledigt seien, „kann die Innenstadt von den Murrarkaden profitieren“, ist er überzeugt. Momentan werde „mit Hochdruck“ an mehreren Orten in der Stadtmitte gearbeitet: am besagten Überweg und am Parkhaus, in dem neue Kurzzeitstellplätze entstünden, zum Beispiel.

Der Regionalverband lobt das stadtnahe Einkaufszentrum

Es sei geplant diese Arbeiten „zumindest zur Hochphase des Advents- und Weihnachtsgeschäfts fertig zu bekommen“, erklärt der Schultes und verweist dann noch auf ganz andere Projekte, die womöglich zum Umsatzminus einiger Murrhardter Geschäfte beigetragen haben. Auf die Eröffnung der beiden riesigen neuen Shoppingcenter in Stuttgart und auf den bundesweit starken Rückgang im Einzelhandel. Wer das Umsatzminus allein auf lokale Ereignisse schiebe, der „macht es sich zu einfach“. Die Stadt wolle zusammen mit den Einzelhändlern „an Maßnahmen zur Innenstadtattraktivität“ arbeiten.

Der Regionalverband sieht die Murrarkaden laut der Aussage der Sprecherin Dorothee Lang als „ein positives Beispiel dafür, wie großflächiger Einzelhandel im Innenstadtbereich realisiert werden kann“.