Wer billig fliegen will, muss bei der Lufthansa von Oktober an auf einige Dienstleistungen verzichten. Auch der europäische Marktführer setzt auf Preisdifferenzierung, weil es die Kunden angeblich so wünschen. Vor allem aber soll die Auslastung erhöht werden.

Frankfurt - Auch bei der deutschen Lufthansa wird es von Oktober an ein neues Drei-Klassen-System in der Economy-Klasse geben. Wie schon bei der Europa-Tochter Germanwings oder der Konzerngesellschaft Swiss können jetzt drei unterschiedliche Leistungspakete bei Europas führender Fluggesellschaft gebucht werden. Auch bei der österreichischen Konzerntochter AUA gilt von sofort an das neue Tarifsystem, dass vor allem dazu führen soll, dass die Auslastung der Maschinen von derzeit rund 80 Prozent steigt. „Es ist der Wunsch vieler Fluggäste, nur für die Leistungen zu zahlen, die auch tatsächlich in Anspruch genommen werden“, sagte Lufthansa-Vorstand Jens Bischof. „Diesem Wunsch tragen wir mit unserem neuen Tarifkonzept Rechnung.“ Die Lufthansa reagiert mit dem neuen Ticketsystem auf den zunehmenden Kostendruck. Bischof, der bei der Lufthansa für den Vertrieb verantwortlich ist, hatte das neue Konzept auf der internationalen Tourismusmesse ITB im März angekündigt.

 

Zwar gilt das neue System vorerst nur für die innerdeutschen sowie Europa-Flüge der Lufthansa, langfristig sei aber denkbar, dass es auch auf die Langstrecke ausgeweitet werde, betonte Bischof. Das Konzept ist in der Branche nicht neu. Vor allem die Billigflieger lassen sich seit Jahren alle zusätzlichen Dienstleistungen extra bezahlen. Wer nur mit Handgepäck reist, sich seinen Sitzplatz erst beim Einsteigen auswählt und auf eine Mahlzeit oder ein Getränk während des Fluges verzichtet, zahlt bei Ryanair und anderen auch den niedrigsten Preis. Teurer wird es, wenn man ein Gepäckstück aufgibt, sich den Sitzplatz im Voraus sichern oder an Bord doch das Feierabendbier trinken möchte.

Die Billigflieger jagen der Lufthansa zunehmend Kunden ab

Das will künftig auch die Lufthansa bieten, die unter dem steigenden Kostendruck leidet; zudem jagen die Billigflieger dem Unternehmen zunehmend Passagiere ab. Dennoch werde man damit nicht zum Billigflieger, betont Bischof, was er vor allem daran festmacht, dass es weiterhin kostenlose Getränke und Snacks an Bord geben wird. Man erleichtere dem Kunden nur die Auswahl zwischen den einzelnen Leistungen, die er in Anspruch nehmen wolle. Auch andere sogenannte Premium-Anbieter haben bereits eine solche Tarifspaltung in ihr Konzept aufgenommen, unter anderen die Lufthansa-Konkurrenten British Airways oder Air France. Im Prinzip ist die neue Tarifstruktur nur eine konsequente Fortsetzung der Einführung der Premium-Economy-Angebote auf der Langstrecke. Auch da muss man für mehr Leistung mehr bezahlen. Die Erfahrung bei der Tochter Germanwings, die seit Mitte vergangenen Jahres den Europa-Verkehr außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München durchführt, haben den Vorstand unter Konzernchef Carsten Spohr bei der Umstellung bestärkt. Während es anfangs durchaus Widerstand vor allem der Vielflieger gegen das Drei-Klassen-Konzept gab, liegt die Zufriedenheit der Germanwings-Passagiere nach Umfragen heute bei rund 90 Prozent.

Tatsache ist jedoch, dass die Lufthansa ihre Kosten senken muss, um langfristig profitabel bleiben zu können. Zwar steht sie im Vergleich mit der Konkurrenz noch gut da – neue Zahlen zum ersten Halbjahr gibt es am Donnerstag – doch der doppelte Wettbewerb durch die Billigflieger einerseits und den schnell wachsenden Golf-Airlines wie Emirates, Etihad, Qatar oder auch Turkish Airlines auf der Langstrecke andererseits setzt den Konzern zunehmend unter Druck.

Vorstandschef Spohr will darauf mit dem Eurowings-Konzept reagieren – gegen den Widerstand der Gewerkschaften: Die Lufthansa selbst soll sich dabei auf die Strecken konzentrieren, die profitabel mit einer First-, Business und Economy-Klasse geflogen werden können. Den Rest, also den Europa-und Zubringerverkehr für die Langstrecke, soll Eurowings zu bis zu 40 Prozent niedrigeren Kosten übernehmen. Das gilt auch für Langstreckenziele, wie etwa reine Urlaubsgebiete wie die Karibik, die mit dem herkömmlichen Angebot nicht mehr wirtschaftlich sind.

Betroffen von der Neuerung sind wöchentlich rund 7000 Flüge ab und nach Frankfurt und München. „Bereits heute fliegt ein Drittel unserer Passagiere innerhalb Europas nur mit Handgepäck“, sieht Bischof die Lufthansa auf dem richtigen Weg. Allerdings gab es auch bisher günstige Angebote: Mitunter hat Lufthansa innereuropäische Hin- und Rückflüge für 99 Euro angeboten – Service inklusive.