Mit dem Segen des Gemeinderates versucht eine unabhängige Bühne ihr Glück im Central-Theater.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Philipp Falsers und Julia Rohns Theaterkarren hat einen Parkplatz gefunden. Zusammen mit dem Verein Kunstdruck werden sie das Central-Theater bespielen und damit eine unabhängige Bühne in Esslingen gründen. Am Dienstag gab der Gemeinderat seinen Geldsegen dazu. Es ist ein einmaliger Zuschuss von 13 600 Euro, der aus dem Vermögen der Esslinger Kinderwerkstatt kam, die sich aufgelöst hatte.

 

Die kleine Independentbühne könnte leicht all das machen, was die große Württembergische Landesbühne in Esslingen nicht ganz so leicht kann: kurzfristig auf gesellschaftliche Entwicklungen reagieren, Stücke von gänzlich unbekannten Autoren bringen, völlig neue Wege in den Inszenierungen gehen, das Publikum herausfordern, oder, um es mit den Worten von Philipp Falser zu sagen: „Wir können auch mal richtig auf den Putz hauen.“

Und genau das hat Philipp Falser vor. Er ist in der Theaterszene in Esslingen inzwischen ein bekannter Mann. Schlagzeilen hat er gemacht mit Inszenierungen für den Verein Kultur am Rande und mit dem Esslinger Straßenkunstfestival, das er gegründet hat. Der 27-Jährige plant in diesem Jahr einen Abschluss in Sprechkunst und Sprecherziehung an der Stuttgarter Schauspielschule. Er trägt den Ehrenamtspreis und den Sozialpreis der Stadt Esslingen.

Julia Rohn ist 23 Jahre alt und studiert Sonder- und Theaterpädagogik. Auch sie erhielt den Ehrenamtspreis der Stadt Esslingen, und auch sie ist als Regisseurin tätig. 2014 gründeten Falser und Rohn den Verein Kunstdruck, der mit wechselnden Regisseuren und Schauspielern unabhängiges Theater macht. Für die Schauspieler und Regisseure eine ideale Plattform, um ihre, wie es Goethe ausgedrückt hätte, theatralischen Sendungen auszuleben.

Die Württembergische Landesbühne wie auch das Central-Theater sind von Zuschüssen abhängig. Wobei sich die kleine Bühne im Central-Theater immerhin bis zu 20 Prozent aus den Einnahmen finanziert. Das liegt allerdings nicht daran, dass der Eintritt so teuer ist, sondern dass die Mitarbeiter so billig sind.

Obwohl die Gagen gering sind, gibt es jede Menge Leute, die in dem Verein mitmachen wollen, denn er bietet ihnen etwas, das unbezahlbar ist: Freiheit. Falser und Rohn lassen ihren Grafikern Freiheit, ihren Bühnenbildnern und ihren Technikern. Weil sie sich so selbstverwirklichen können, reicht ihnen oftmals eine Aufwandsentschädigung, und diese Arbeit gibt ihnen wieder Impulse für den Brotberuf, den sie ausüben.

Eines der ältesten Kinos in Deutschland

Dass die Finanzierung etwas wacklig ist, ist Philipp Falser wohl bewusst. Er hat schon verschiedene Zuschüsse von Stiftungen und der öffentlichen Hand aufgetan. Außerdem plant der Verein, die Bühne für diverse Kino-Events, für Gastspiele und für Feiern unterzuvermieten.

Die Stadt ist froh, dass sie das Central-Theater nutzen kann. Das Kino hat in den 80er Jahren, mit dem Beginn des Heimvideos, aufgegeben. Wochenlang lief damals zum Abschied Sergio Leones Klassiker: „Spiel mir das Lied vom Tod.“ Seither stand es leer.

Als die Restauratoren anrückten, fanden sie schnell heraus, dass unter den zahlreichen Umbauten, die das Kino erfahren hatten, originale Dekors aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg schlummerten. Damit ist das Kino eines der ältesten Deutschlands und damit ein herausragendes Bau-Denkmal in Süddeutschland. Zuvor war es ein Stall, wo die Händler des Rossmarkts ihre Pferde unterbringen konnten.

Wenn das Central-Theater im Januar öffnet, wird es die jüngste Theaterintendanz in ganz Deutschland haben, mit dem Ziel, junge Leute an das Theater heranzuführen – und das im ältesten Kino Süddeutschlands. 50 Kilometer flussaufwärts gibt es übrigens eine ähnliche Konstellation. Dort leben das Landestheater Tübingen und das Zimmertheater Tübingen einträchtig nebeneinander und ergänzen sich im Programm– und das seit sechzig Jahren.