Rick DeMarinis’ „Götterdämmerung in El Paso“ ist ein spannender, kerniger Noir aus einer brennend heißen Gegend. Und er ist ein Beitrag gegen Rassismus und blinden Hass auf Einwanderer.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Wenn es gerecht zuginge auf dieser Welt, gäbe es das globale Flüchtlingselend nicht. Und dann – anderes und weit weniger gravierendes Thema – würden die Leute auch Bücher von Autoren kaufen, die das nun wirklich verdient hätten. Von Rick DeMarinis etwa.

 

Regelmäßigen Killer-&-Co.-Lesern ist der 1934 geborene US-Amerikaner wegen seines nachtschwarzen Thrillers „Kaputt in El Paso“ ein Begriff. In der gleichen Klasse spielt die „Götterdämmerung in El Paso“, die aus diesem Grund ebenfalls unter dem Rubrum „Neues vom Altbuchstapel“ wärmstens empfohlen werden soll.

Die „Götterdämmerung“ ist ein tougher Noir um einen Ermittler in El Paso, der für einen alten Freund – reich, exzentrisch, Wagnerianer – die verschwundene Frau suchen und zurückbringen soll. Die Frau lehrt an einer Universität und setzt sich für Bürger-, ganz speziell für Flüchtlingsrechte ein. Ihr schriftstellernder Mann vermutet, sie sei mit einem ihrer Latino-Freunde durchgebrannt.

Souverän treibt Rick DeMarinis die Handlung voran, das Buch ist spannender Ermittlerroman von weit überdurchschnittlicher Machart mit einem ausgesprochen bösen Thrill gegen Ende. Was dem Geschehen aber eine zusätzlich Qualität verleiht, ist das Großthema Flüchtlinge, das an der mexikanisch-amerikanischen Grenze nicht weniger virulent ist als bei uns.

DeMarinis zeigt die Fratze des Rassismus, die Strukturen der zynischen Misanthropen, die buchstäblich alles Fremde am liebsten wegballern würden. Und er zeigt auf der anderen Seite die Lage der Heimatlosen mit großer Empathie – aber ganz ohne den sozialdemokratischen Zeigefinger, zu dem etwa skandinavische Autoren in solchen Fällen gerne neigen.

So ist „Götterdämmerung in El Paso“ nicht nur ein kerniger, habhafter Krimi. Sondern auch ein berührender Beitrag zur Flüchtlingsdiskussion. Dort wie hier.

Rick DeMarinis: „Götterdämmerung in El Paso“. Roman. Aus dem Amerikanischen von Ango Laina und Angelika Müller. Pulp Master, Berlin 2012. 320 Seiten, 13,80 Euro. Auch als E-Book, 9,99 Euro.