Was haben die Probleme dieser Welt mit Birkach und Plieningen zu tun? Seit die Flüchtlinge nach Europa strömen, ziemlich viel. Die Bezirksvorsteherin Andrea Lindel verliert sich beim Neujahrsempfang allerdings nicht im Lamentieren.

Birkach/Plieningen - Es liegt was in der Luft beim Neujahrsempfang der Plieninger und Birkach Bezirksbeiräte. In der Zehntscheuer stehen Lokalpolitiker und Vertreter der Vereine bei einem Glas Sekt zusammen. In den Gesprächen fallen aber immer wieder Worte, die so gar nichts mit den im Verhältnis zum Großen und Ganzen doch recht überschaubaren Verhältnissen in Plieningen und Birkach zu tun haben: „Köln“, „Syrien“, „Polen“ und immer wieder natürlich „Flüchtlinge“.

 

Chaos in der Hauptstadt

Es sind Wahlkampfzeiten in Baden-Württemberg. Es sind aber vor allem auch Zeiten, in denen sich das bereits erwähnte Große und Ganze jeden Tag konfuser darstellt. Auch Bezirkspolitiker der an der Koalition in Berlin beteiligten Parteien sprechen unter der Hand vom Chaos in der bei ihren Gesprächen über die Flüchtlingskrise. Die hat etwa mit der Belegung der Alfred-Wais-Halle mit Asylbewerbern längst auch Birkach und Plieningen erreicht.

Die Bezirksvorsteherin Andrea Lindel geht in ihrer Ansprache auf die Auswirkungen des Flüchtlingszustroms in die beiden Bezirke ein. Allerdings tut sie dies nicht gleich zu Anfang ihrer Rede. Vielleicht, weil, wie sie später erklärt, das Thema allgegenwärtig geworden ist. Sowohl in Birkach als auch in Plieningen gehörten Asylunterkünfte zum Ortsbild. Die Unterbringung von Flüchtlingen habe ihre Arbeit im vergangenen Jahr stark bestimmt, sagt Lindel. Viel sei erreicht worden. „Die Probleme etwa mit den Nachbarn des Heims im Wolfer kann ich an einer Hand abzählen“, sagt die Bezirkschefin.

Lindel positioniert sich mit dieser Äußerung in der Diskussion um Flüchtlinge nicht gerade als Bedenkenträgerin. Dazu passt, dass sie mit dem Reizthema eben nicht in ihre Rede einsteigt und etwa mit einem getragenen, zur Krisenstimmung im Land passenden Lamento darauf eingeht.

Kritik am Unwort des Jahres

Die Bezirkschefin spricht vorher das Unwort des Jahres 2015 an, den Gutmenschen. Den Begriff münzt sie um als Auszeichnung für gute Bürger. Wer andere so herabwürdige, der sei oft neiderfüllt, weil er selbst nichts beitragen könne, sagt Lindel. Die Bezirksvorsteherin hat beim Verfassen ihrer Rede nachgeforscht, wie das Wort entstanden ist. „Als Gutmenschen wurden schon die Anhänger des Kardinals Graf von Galen diffamiert, die sich gegen die Ermordung kranker Menschen im Dritten Reich ausgesprochen haben“, sagt sie.

Die Bezirksvorsteherin hat eine humorvolle und zuversichtlich klingende Neujahrsansprache gehalten. Das allein hat 2016 schon Nachrichtenwert.