Die EnBW muss im vierten Quartal noch Belastungen von zwei Milliarden Euro für den Atomausstieg verbuchen. Damit sind im Gesamtjahr rote Zahlen gewiss.

Stuttgart - Der Kompromiss zur Finanzierung des Atomausstiegs treibt die Energie Baden-Württemberg (EnBW) tief in die roten Zahlen. Finanzchef Thomas Kusterer rechnet noch in diesem Jahr mit einer Umsetzung der Vereinbarung in Verträge und ein Gesetz; dann muss der Konzern die Belastungen auch bilanziell verarbeiten. Die Empfehlung einer von der Bundesregierung eingesetzten Kommission sieht vor, dass die Betreiber von Atommeilern 23,6 Milliarden Euro für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls in einen Fonds einzahlen sollen; der Anteil der EnBW daran wird voraussichtlich 4,7 Milliarden Euro betragen.

 

Die entsprechenden Mittel kann die EnBW flüssig machen, da nach Kusterers Worten Finanzanlagen in Höhe von zehn Milliarden Euro zur Verfügung stehen. In der Ertragsrechnung wurde hierfür jedoch noch nicht in vollem Umfang vorgesorgt. Zwar bestehen Rückstellungen, aber nach Kusterers Worten werden im vierten Quartal Zusatzbelastungen von fast zwei Milliarden Euro zu verkraften sein. Der Finanzchef stellte deshalb für das Gesamtjahr ein deutlich negatives Konzernergebnis in Aussicht; auch die Nettoverschuldung werde signifikant steigen, sagte er.

Die EnBW würde gerne mehr investieren

Kusterer sieht die EnBW damit ebenso wie die anderen Atomkonzerne bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit belastet. „Das geht zulasten der Investitionskraft“, klagte Kusterer. „Dabei brauchen wir jeden Euro, um zu investieren.“ Abstriche am geplanten Programm zum Umbau des früheren Atomkonzerns zu einem Ökostromanbieter soll es aber nicht geben. „Wir würden gerne mehr investieren, aber es reicht für das, was geplant ist“, sagte Kusterer.

Die Karlsruher reagieren unter anderem mit einem Programm zur Verbesserung der Effizienz auf den Markttrend, der von immer weiter sinkenden Strompreisen geprägt ist. Jüngst wurde beschlossen, bis 2020 weitere 250 Millionen Euro einzusparen. In welchem Umfang davon die Belegschaft betroffen sein wird, ist nach den Worten des Finanzchefs noch offen; klar ist aber auch: „Das wird weitere Personalmaßnahmen erfordern.“

Der Konzern sieht sich auf dem richtigen Kurs

Niedrige Strompreise und Minizinsen haben schon in den ersten neun Monaten des Jahres rote Zahlen nach sich gezogen. Der Konzernfehlbetrag erreichte per Ende September 192,5 Millionen Euro, nachdem zum gleichen Vorjahreszeitpunkt noch ein Gewinn von 710,8 Millionen Euro zu Buche stand. Mit dem Konzernumbau kommen die Karlsruher aus Kusterers Sicht trotz der schlechten Zahlen voran. „Die Bereiche Netze, erneuerbare Energien und Vertrieb prägen inzwischen zu über 80 Prozent das Konzernergebnis.“ Im Segment Netze stieg das operative Ergebnis in den ersten neun Monaten um 42,3 Prozent auf 754,6 Millionen Euro. Trotzdem sagte Kusterer mit Blick auf das Netzgeschäft: „Hier sind noch einige große Schritte zu gehen.“ Die erneuerbaren Energien legten beim operativen Ergebnis um 42,8 Prozent auf 223,2 Millionen Euro zu. Den Rückgang des gesamten operativen Ergebnisses um 16 Prozent auf knapp 1,4 Milliarden Euro erklärte der Konzern vor allem mit „temporären Effekten“, womit eine vorgezogene Revision im Block II des Kernkraftwerks Neckarwestheim gemeint ist. Das schlug sich im Segment Erzeugung/Handel nieder, das gut eine halbe Milliarde Euro weniger verdiente als im Vorjahr. Die Prognose für das Gesamtjahr bleibt beim operativen Ergebnis unverändert: Angestrebt wird ein Gewinn von etwa zwei Milliarden Euro. Das wäre ein Minus von fünf bis zehn Prozent gegenüber dem Vorjahreswert. Die Investitionen stiegen im Jahresvergleich deutlich auf 1,9 (Vorjahr: 1,5) Milliarden Euro.