Bei den Kickers herrscht ein reges Kommen: gleich vier Neuzugänge hat der Drittligist im Winter verpflichtet, darunter Klaus Gjasula. Ohne Helm geht der 26-Jährige nie ins Spiel.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Der Bart ist dran, der Helm ist ab. So präsentiert sich Klaus Gjasula im persönlichen Gespräch. Der Neuzugang der Stuttgarter Kickers, die an diesem Mittwoch aus dem Trainingslager auf Teneriffa zurückkehren, hat ja ein besonderes Markenzeichen, mit dem er sogar schon bundesweit auf sich aufmerksam gemacht hat. Seine Kopfbedeckung: einen Helm aus einer Mischung aus Carbon und Schaumstoff. Nach einer Jochbogenfraktur war der als Schutz zunächst obligatorisch, „dadurch konnte ich schon vier Wochen später wieder spielen“, erinnert er sich an die Verletzung aus dem Jahr 2013.

 

Der Bruch ist zwar längst ausgeheilt, doch inzwischen gehört der Kopfschutz zur Ausrüstung wie die Schienbeinschoner. Ohne Helm geht Gjasula nicht mehr aufs Feld. „Ich habe mich einfach daran gewöhnt“, sagt der 26-Jährige, der damit ein wenig an einen römischen Gladiator erinnert. Zumindest im Spiel, im Training verzichtet der Fußballprofi darauf, da geht es auch nicht ganz so hart zur Sache.

41 Gelbe Karten in 80 Spielen

Klaus Gjasula ist nicht zimperlich. „Ich komme schon über das körperliche Spiel“, gibt er zu. Das war nicht immer so: „Früher wollte ich es fußballerisch lösen.“ In Offenbach hat er seine Spielweise etwas verändert, wegen des Trainers Rico Schmitt. „Der hat mich gelehrt, erwachsener zu spielen.“ Soll heißen: auch härter. Das blieb nicht ohne Folgen. In 80 Regionalligaspielen kassierte er 41 Gelbe Karten und eine Ampelkarte. Das spricht für sich, bedingt zumindest. „Ich hatte schon manchmal das Gefühl, dass die Schiedsrichter bei mir schneller eine Karte ziehen“, sagt Gjasula im Nachhinein. Vielleicht weil er durch seinen Helm mehr auffiel? Wer weiß.

Egal. Der Spieler verkörpert damit auch die Qualitäten, die im Spiel der Kickers bisher vielleicht gefehlt haben. Kein Wunder, dass die Verantwortlichen in Degerloch Gjasula als Hoffnungsträger sehen – für den man trotz seines im Sommer auslaufenden Vertrages 50 000 Euro Ablöse investiert hat, wovon nach der Insolvenz allerdings die Hälfte an ehemalige Gläubiger der Offenbacher Kickers geht. Das finanzielle Engagement spricht für die Erwartungshaltung. „Ich denke, er hat die Qualitäten, bei uns ein Führungsspieler zu werden“, sagt der Sportdirektor Michael Zeyer. Und auch der Trainer Tomislav Stipic betont: „Er kann unser Spiel bereichern und variabler machen“, wenngleich er hinzufügt: „Einen Stammplatz hat keiner.“

Den hatte Gjasula in Offenbach durchaus. Er hat in der ersten Halbserie keine Minute gefehlt, wenn er nicht gerade gesperrt war. Da ist es fast logisch, dass sein Ex-Trainer Schmitt ihm so manche Träne nachweint: „Dass wir eine Säule verlieren, macht die Sache für uns nicht einfacher.“ Auch der Spieler selbst hat sich die Entscheidung keineswegs leicht gemacht. „Wenn ich ehrlich bin, habe ich schon kurz über den Wechsel nachgedacht. Schließlich habe ich Offenbach viel zu verdanken. Aber die Perspektive zählt.“ Und die ist bei den Kickers besser, trotz des letzten Tabellenplatzes in der dritten Liga. „Wir müssen schauen, dass wir den so schnell wie möglich verlassen.“

Der Bruder Jürgen spielt in Fürth

Dann sieht man weiter. „Es macht jetzt keinen Sinn, über die Saison hinaus zu denken“, sagt Gjasula, der (für die dritte Liga) einen Vertrag bis 2017 besitzt und sich im defensiven Mittelfeld am wohlsten fühlt. „Ich denke, da kann ich der Mannschaft am meisten helfen.“ Zumal der Trainer Stipic ja auch über ein 4-4-2-System nachdenkt. „Aber letztlich spiele ich da, wo mich der Trainer aufstellt.“ Also auch auf der Alternative Innenverteidigung. Gajsula, der sich als Spätstarter bezeichnet und über den Freiburger FC, Duisburg und Offenbach nach Stuttgart kam, sagt: „Ich denke, es war jetzt allerhöchste Zeit, den Schritt zu machen.“ Ob der noch in die zweite Liga führt? „Natürlich will man als Profi so hoch wie möglich spielen. Fußball ist verrückt“, sagt der Spieler, soll heißen: unberechenbar.

Das weiß der gebürtige Albaner, der einen deutschen Pass besitzt, auch von seinem Bruder. Jürgen ist vier Jahre älter und aktuell bei Greuther Fürth – und hat einst in Basel schon in der Champions League gespielt. Obwohl sie in Albanien geboren wurden, haben sie urdeutsche Vornamen. Woran die Oma schuld ist. Die schaute früher immer die Schwarzwaldklinik im Fernsehen, und da spielte Klausjürgen Wussow den bekannten Professor Brinkmann – was den Enkeln zu ungeahnter Ehre verhalf.

In Duisburg bildeten die Gjasulas sogar mal eine Wohngemeinschaft, als Jürgen bei den Profis und Klaus in der zweiten Mannschaft spielte. Doch ein Traum hat sich noch nicht erfüllt: „Ich möchte einmal mit oder gegen meinen Bruder spielen.“ Fast hätte es an diesem Samstag schon geklappt. Da bestreiten die Stuttgarter Kickers ein Testspiel bei Greuther Fürth – allerdings gegen die zweite Mannschaft.