Bei erneuten Kundgebungen in New York wurden Hunderte von Occupy-Aktivisten festgenommen. An Aufgeben denkt man nicht.

New York - Gewöhnlich ist der Blick aus dem Büro des New Yorker Bürgermeisters prächtig. Das Rathaus liegt am Fuß der Brooklyn Bridge, nach Süden sieht man die Skyline des Finanzdistrikts, gegenüber steht das neoklassizistische New Yorker Gerichtsgebäude. Am frühen Donnerstagabend (Ortszeit) dürfte sich Michael Bloomberg an der Aussicht jedoch wenig erfreut haben. Direkt an seinem Amtssitz marschierten nämlich 30.000 Bürger vorbei, die dem Stadtvater wenig geneigt waren. Sie hielten Schilder hoch wie "Verhaftet Bloomberg", und es waren Parolen zu hören wie "Bloomberg Beware, Zuccotti Park is everywhere" - Nimm Dich in Acht Bloomberg - Zuccotti Park ist überall.

 

Die Occupy-Wall-Street-Bewegung und ihre in New York stetig wachsende Anzahl an Sympathisanten hatte die Räumung des Occupy-Zeltlagers im Finanzdistrikt nicht eben freundlich aufgenommen. Keine 48 Stunden später machte die Stadt ihrem Bürgermeister eindrucksvoll deutlich, dass er sich so leicht des Problems nicht wird entledigen können. Die Kundgebungen in New York und in anderen amerikanischen Städten - genau zwei Monate nach der Besetzung von Zuccotti - waren schon seit Wochen geplant gewesen. Durch die Räumung bekamen sie jedoch eine neue Dringlichkeit und sicherlich auch einen größeren Zulauf, als man das vorher erhoffen konnte.

Heftige Auseinandersetzungen

Die Botschaft des Tages war, dass die Occupy-Bewegung auch ohne festen Ort weiterleben wird. "400 Sturmpolizisten können keine Idee töten", war ein häufiger Spruch. Bei der Hauptkundgebung am Nachmittag am Foley Square hielten Demonstranten eine Mahnwache, bei der sie mit Schildern an Ereignisse in der Geschichte von Prag bis Tiananmen erinnerten, bei denen mit Staatsgewalt die freie Meinungsäußerung unterdrückt wurde.

Der Aktionstag in New York hatte damit begonnen, dass eine Gruppe von mehreren Hundert Demonstranten versuchte, den Betrieb an der Börse lahmzulegen. Die Polizei hatte präventiv das komplette Viertel verbarrikadiert. Als an verschiedenen Stellen die Protestler versuchten, durch die Barrikaden zu brechen, kam es zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen. Die Polizisten drängte die Menge mit Schlagstöcken zurück, 60 Menschen wurden verhaftet.

Ungewisse Zukunft

Kurz danach kam es am geräumten Zuccotti Park zu ähnlichen Szenen. Der Park war zwar an einer Seite wieder zugänglich, die Demonstranten rüttelten jedoch von allen Seiten an den aufgestellten Gittern. Die Polizisten gingen mit Schlagstöcken gegen sie vor. Mindestens 240 Demonstanten wurden verhaftet. Ein junger Mann wurde niedergeknüppelt, nachdem er eine Batterie nach einem Polizisten geworfen hatte.

Auch bei den Kundgebungen am Union Square am frühen Nachmittag war die Stimmung noch angespannt, es kam zu weiteren Verhaftungen. Die große Kundgebung des Tages am Foley Square hatte dann jedoch einen deutlich friedvolleren Unterton. Die Gewerkschaften, welche die Veranstaltungen mitorganisierten, sorgten für Ordnung, es spielten Bands während von allen Seiten Menschen verschiedenster Altersgruppen und sozialer Schichten auf den Platz strömten.

Man hörte gerührt zu, während von Schülern bis zu Rentiers Angehörige der "99%" ans Mikrofon traten und die Geschichte ihres wirtschaftlichen Überlebenskampfes erzählten. Ein Redner, der nach der Räumung des Zuccotti Park gerade aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, schärfte der Menge ein, auf keinen Fall aufzugeben: "Das hier ist erst der Anfang." Danach zogen die Demonstranten über die Brooklyn Bridge. Es war ein Marsch in eine ungewisse Zukunft.