Nachdem das Gesetzt zum schärferen Asylrecht an diesem Wochenende in Kraft tritt, will auch Baden-Württemberg von nächster Woche an größere Gruppen von nicht anerkannten Asylbewerbern zügig abschieben.

Karlsruhe/Stuttgart - Baden-Württemberg plant rasch größere Sammelabschiebungen nicht anerkannter Asylbewerber - und setzt auch auf freiwillige Rückkehrer. Innenminister Reinhold Gall (SPD) hat am Freitag den Arbeitsstab „Rückkehrmanagement“ eingerichtet. Noch im November will er das Konzept im Kabinett präsentieren. „Ich stelle mich dieser Aufgabe, für mich ist dieses Thema Chefsache“, sagte er. Hintergrund ist ein Asyl-Gesetzespaket des Bundes, das mit Unterstützung der Bundespolizei schnellere und unangekündigte Abschiebungen vorsieht.

 

Die Lenkungsgruppe Flüchtlingsunterbringung im Stuttgarter Innenministerium begrüßte das von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) angekündigte Abschiebeprogramm. Der Chef der baden-württembergische Staatskanzlei, Klaus-Peter Murawski, forderte Altmaier auf, baldmöglichst eine Liste von Leuten zu übersenden, die „rechtssicher zurückgeführt werden können“. Die grün-rote Landesregierung werde alles dazu beitragen, dass die Abschiebungen zügig umgesetzt werden. „Dabei greifen wir auch gerne auf die Unterstützung der Bundeswehr zurück“, so Murawski.

Wann die erste Sammelabschiebung nach neuem Konzept stattfindet, ist noch offen. Das Stuttgarter Innenministerium betonte, dass zumindest kommende Woche noch kein Abschiebeflug geplant sei.

Künftig Sammelabschiebungen von allen Landesflughäfen

Bisher gibt es Sammel-Abschiebungen vor allem vom Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden (Baden-Airport) in Rheinmünster-Söllingen mit Charter-Fliegern. Wegen der großen Zahl von Flüchtlingen werden nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aber künftig alle Flughäfen des Landes ins Auge gefasst. Auch Transportmaschinen der Bundeswehr könnten dann zum Einsatz kommen, hieß es in Sicherheitskreisen.

Am frühen Freitagmorgen wurden vom Baden-Airport erneut 34 Menschen nach Serbien und Mazedonien abgeschoben, darunter sieben Kinder. Es war laut Ministerium die 22. Sammelabschiebung in dem Jahr. Bei Flüchtlingsinitiativen stießen dies und auch die neuen Pläne auf scharfe Kritik: „Die Betroffenen sind voller Angst“, sagte ein Sprecher des „Freiburger Forums - aktiv gegen Ausgrenzung“. Die geplante Abschiebepraxis sei skandalös. Einige Sicherheitsexperten warnen auch vor dem Abtauchen vieler Flüchtlinge in die Illegalität.

Auch die Grüne Jugend Baden-Württemberg kritisierte: „Unangekündigte nächtliche Abschiebungen sind inhuman und oft traumatisierend.“ Mit den unangekündigten Abschiebungen schaffe die Landesregierung ein Klima der Angst.

Galls Konzept soll auch die freiwillige Rückkehr fördern

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Rüdiger Seidenspinner, begrüßte hingegen die Änderungen. „Wer keine Chance hat, wird so schnell wie möglich wieder abgeschoben. Das spricht sich herum und schafft Platz für wirklich Bedrohte“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Galls Konzept soll auch die freiwillige Rückkehr fördern - offenbar auch durch höhere finanzielle Anreize als die bisherigen Starthilfen in der Heimat. Das ist auch für den parlamentarischen Geschäftsführer der grünen Landtagsfraktion, Uli Sckerl, ein gangbarer Weg: „Die Zahl der abgelehnten Asylbewerber, die selbstständig das Land verlassen, ist im Jahr 2015 stark gestiegen und liegt nach Schätzungen genauso hoch wie die Zahl der Abschiebungen.“ Freiwillige Rückkehr bedeute weniger Kosten und eine deutlich geringere Belastung für Betroffene wie Behörden.

Für die FDP-Politiker Hans-Ulrich Rülke und Ulrich Goll sind mehr finanzielle Anreize indes das falsche Signal: „Solche Maßnahmen steigern lediglich die Attraktivität des Landes für Menschen ohne Asylgrund.“