Seit März vergangenen Jahres ist die Regionaldirektorin Nicola Schelling im Amt. Manche meinen, einen eigenen Akzent habe sie bisher nur mit dem Dienstwagen gesetzt – einem Tesla mit 385 PS für 85.000 Euro.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Rabenschwarz ist er, elegant und sportlich zugleich, und er steht ständig unter Strom: Die Rede ist nicht, wie Insider vermuten könnten, vom CDU-Regionalpräsidenten Thomas Bopp, sondern vom neuen Dienstwagen der Regionaldirektorin Nicola Schelling. Dieses Auto hat zuletzt im sonst eher beschaulichen Kosmos des Regionalverbandes das Zeug zu einem Skandälchen gehabt: Darf eine Frau, die politisch die Region Stuttgart vertritt und auch für Wirtschaftsförderung zuständig ist, Mercedes und Porsche einen Korb geben und stattdessen ein kalifornisches Modell der Marke Tesla mit 385 PS kaufen? Und das für 85 000 Euro?

 

Seit März 2014 ist Nicola Schelling im Amt, und der kalifornisch-württembergische Grenzkonflikt hat sie das erste Mal ins Rampenlicht treten lassen. Selbstbewusst verteidigte sie ihre Entscheidung: Bisher baue weltweit leider nur Tesla ein elektrisches Auto, mit dem man realistisch 350 Kilometer weit fahren könne, argumentierte sie – und sie wolle die Elektromobilität voranbringen. Ihren Kritikern nahm sie dann schnell den Wind aus den Segeln, indem sie kurzerhand das Auto privat leaste. Nun rechnet sie die dienstlich gefahrenen Kilometer mit dem Verband ab. Die Aufregung verpuffte. So sieht Krisenmanagement aus.

Regionalräte werden langsam ungeduldig

Viele haben ihr den Schritt aber übel genommen, auch Regionalpräsident Thomas Bopp. Und dieses Gefühl leichter Verärgerung verstärkt sich bei manchen Regionalräten seit einiger Zeit. Einige haben den Eindruck, als fremdle die 47-jährige gebürtige Stuttgarterin noch etwas im Verband Region Stuttgart, den sie als Verwaltungschefin leiten soll. Nach den schwierigen Jahren unter der Vorgängerin ist es der Auftrag Schellings, den Verband in ruhiges Fahrwasser zurückzuführen, den Ruhm der Region wieder zu mehren und politische Akzente zu setzen. Zumindest Letzteres, so sagen viele, sei der Juristin Nicola Schelling, die aus der Landesvertretung Baden-Württembergs in Brüssel zum Verband gekommen ist, noch nicht gelungen.

Gerade bei Brüssel, EU und europäischen Fördergeldern werden manche Regionalräte auch in den großen Fraktionen langsam ungeduldig: „Europa müsste doch ein Heimspiel für die Regionaldirektorin sein, doch es kommt nichts“, ärgert sich einer. Es ist deshalb schon mehr als ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass sowohl die CDU als auch die SPD kürzlich einen Bericht über die Arbeit des Verbandsbüros in Brüssel angemahnt haben.

Auch aus den neuen Aufgaben im Nahverkehr, die das Land dem Regionalverband zugestanden hat, hätte man mehr Kapital schlagen müssen, so ein weiterer Kritikpunkt. Zu wenig sattelfest sei die Direktorin aber noch in vielen Themen, zu wenig Kontakt halte sie zu den Fraktionen. Dabei liege ihre Wahl nun schon ein Jahr zurück. „Die Geschäftsstelle ist zu defensiv“, heißt es.

Schelling und Bopp sind noch in der Findungsphase

Daneben ist es in den Fraktionen mittlerweile ein offenes Geheimnis, dass Nicola Schelling und Regionalpräsident Thomas Bopp noch in der Findungsphase sind, wer für welche Aufgaben zuständig ist – um es freundlich zu formulieren. Bopp hatte während der Krankheit der früheren Regionaldirektorin mit viel Engagement das Macht- und Arbeitsvakuum gefüllt; jetzt reklamiert Nicola Schelling manche Termine und Aufgaben für sich, was nicht reibungsfrei verläuft. Sie sei fleißig und arbeite mit viel Elan, sagt ein Regionalrat: „Aber ich erwarte, dass Schelling und Bopp die Abstimmung jetzt hinkriegen.“

Nicola Schelling nimmt die Kritik freundlich an und sagt: „Die Einarbeitungszeit ist nun vorbei, das sehe ich auch so; 2015 werden wir viel machen.“ Sie sei schon zweimal als Regionaldirektorin in Brüssel gewesen und werde bald ein Konzept vorlegen – die EU-Arbeit werde ganz selbstverständlich einer ihrer Schwerpunkt. Der andere und noch wichtigere sei die nachhaltige Mobilität. Schelling will die Übergänge von einem Verkehrsmittel zum nächsten verbessern – dazu gehören P+R-Parkplätze, Pedelec-Angebote oder auch Infosysteme im Internet. Daneben denkt sie die Elektromobilität weiter, viel weiter. „Das autonome Autofahren wird bald ein wichtiges Thema werden“, sagt sie: „Das müssen wir jetzt schon bedenken, wenn wir zum Beispiel die Breitbandnetze an den Hauptverkehrsachsen ausbauen.“

Da ist sie doch wieder beim Tesla angelangt: Der Kauf sollte wohl auch ein Denkanstoß an die Automobilbauer und Zulieferer sein, noch mehr zu tun. Aber Nicola Schelling ist bemüht, kein weiteres Öl ins Feuer zu gießen: „Ich wollte niemanden provozieren. Mein nächstes Elektroauto darf gerne ein Daimler sein – wenn die Reichweite stimmt.“