Der kritisierte Stürmer Mario Gomez schießt das deutsche Team zum Sieg gegen die Niederlande.

Charkow - Als Mario Gomez in der 72. Spielminute das Feld verlässt, ist da auch viel Genugtuung dabei. Es ist eine Auswechslung im großen Stil. Zwei Tore hat Gomez in der Partie gegen die Niederlande erzielt, dann macht er für Miroslav Klose Platz. Wie schon beim 1:0-Erfolg gegen Portugal ist er der deutsche Matchwinner, doch diesmal darf er sich auch so fühlen. Aber bis der 2:1-Sieg feststeht, muss Mario Gomez auf der Bank noch ein bisschen zittern. Danach sagt er: „Ich habe jetzt drei Tage auf die Fresse bekommen, das war nicht einfach für mich.“

 

Neben Gomez, der nun bereits drei Turniertore erzielt hat, darf sich aber auch Joachim Löw bescheinigen lassen, alles richtig gemacht zu haben. Den Diskussionen in der Heimat zum Trotz hielt der Bundestrainer an Mario Gomez als Sturmspitze fest und vertraute derselben Mannschaft, die auch im Spiel gegen Portugal begonnen hatte. Im Unterschied zum deutschen Auftakt in Lwiw war es gestern Abend in Charkow aber mit 30 Grad noch ein bisschen heißer. Als ob dieses Spiel gegen die Niederlande die Gemüter nicht schon genug erhitzt hätte. Daran änderte auch der vorausgegangene 3:2-Sieg Portugals gegen die Dänen nichts, der zur Folge hatte, dass danach weder Deutschland vorzeitig weiterkommen noch Holland schon definitiv ausscheiden konnte.

Ohne langes Vorgeplänkel

Ohne langes Vorgeplänkel ging es dann gleich zur Sache. Hollands Einmannsturm Robin van Persie hatte als Erster die Führung auf dem Fuß, als ihn Mark van Bommel mit einem Pass allein vor Manuel Neuer auftauchen ließ. Der deutsche Torwart hatte mit dem Volleyschuss aber keine Mühe (7. Minute). Auf der Gegenseite schreckte nur eine Minute später Mesut Özil mit einem Flachschuss an den Pfosten die nach der Auftaktniederlage gegen die Dänen stark unter Druck stehenden Niederländer auf. Und der erhöhte sich in der 24. Minute noch einmal.

Einen geschickten Pass von Bastian Schweinsteiger in die Tiefe nahm Mario Gomez geradezu filigran an und schob den Ball am niederländischen Torwart Maarten Stekelenburg vorbei zum 1:0 ins Netz. Und dann wäre eigentlich Holger Badstuber an der Reihe gewesen. Doch der Innenverteidiger vergab mit einem Kopfball die ganz große Chance, auf 2:0 zu erhöhen. Nach dem Motto „Dann mach’s ich halt wieder“ war Mario Gomez in der 38. Minute abermals zur Stelle, als er mit dem erneuten Zuspiel von Schweinsteiger viel anzufangen wusste. Sein Schuss aus halbrechter Position ließ die DFB-Elf zum zweiten Mal an diesem Abend jubeln.

Gomez hatte ein Erfolgserlebnis nach dem anderen und die deutsche Mannschaft dazu noch die Spielsituation, die ihr besonders behagt. Der Gegner, der eigentlich gut in die Partie gestartet war, musste kommen, während sich die Deutschen genüsslich auf das schnelle, schnörkellose Spiel durch ein nicht mehr allzu dicht besiedeltes Mittelfeld verlegen konnten. Und plötzlich war die im zähen Ringen mit den Portugiesen so vermisste deutsche Spielfreude wieder da.

Und von der ließ sich auch Mats Hummels anstecken. Der Dortmunder Meisterverteidiger scheiterte mit zwei Versuchen nur ganz knapp an Stekelenburg (52.). Die Niederländer machten erst wieder in der 69. Minute in Person von Arjen Robben auf sich aufmerksam, der aber aus aussichtsreicher Position verzog. Doch plötzlich war Oranje wieder im Spiel, spätestens nachdem Robin van Persie der Ausgleichstreffer gelungen war. Zuvor schon hatte Jerome Boateng gegen Wesley Sneijder in höchster Not klären müssen. Von der deutschen Souveränität war plötzlich nicht mehr viel übrig, stattdessen Spannung pur. Das änderte aber nichts an der abschließenden Einschätzung von Joachim Löw: „Wir haben verdient gewonnen.“

Während sich das deutsche Team mit diesem Auftritt im Kreis der Favoriten auf den EM-Titel zurückgemeldet hat, stehen die Niederländer mit null Punkten und fast so wenig Hoffnung auf den Einzug ins Viertelfinale da. Der deutschen Mannschaft dagegen genügt am Sonntag ein Punkt gegen die Dänen, um dieses Zwischenziel sicher zu erreichen. Und Mario Gomez hat sicher auch noch einiges vor.