Die Rassismusdebatte in den Niederlanden erreicht einen neuen Höhepunkt. Bei der traditionellen Ankunft des Nikolaus in Gouda werden 90 Anhänger und Gegner des Zwarten Piet festgenommen.

Korrespondenten: Helmut Hetzel (htz)

Gouda - Was in den Niederlanden über mehr als hundert Jahre ein beschauliches Kinder- und Familienfest war, hat in diesem Jahr mit Demonstrationen und Verhaftungen begonnen. 90 Menschen wurden von der Polizei festgenommen, als am Wochenende der traditionelle Einzug des St. Nikolaus mit seinem Assistenten, dem Zwarte Piet (Schwarzer Peter), in der Käsestadt Gouda stattfand. Hundertschaften von Polizisten mussten den St. Nikolaus und seinen Zwarte Piet schützen. Demonstranten riefen ,,Der Zwarte Piet ist Rassismus.‘‘ Gegendemonstranten skandierten ,,Der Zwarte Piet muss bleiben.‘‘ ,,Die Atmosphäre war sehr grimmig“, sagt der Bürgermeister von Gouda, Milo Schoenmaker. ,,Das ist eine traurige Entwicklung. Ich musste der Polizei den Befehl geben einzugreifen.‘‘

 

Tausende von Eltern, die mit ihren Kindern zum Empfang des St. Nikolaus nach Gouda gekommen waren, empörten sich über die Demonstranten, die den festlichen Einzug störten. ,,Mein Sohn hatte Angst,‘‘ twitterte Jan, der mit seinem fünfjährigen Sohn nach Gouda gekommen war, um den St. Nikolaus und seinen Knecht, den Zwarte Piet, zu begrüßen, die der Legende nach Mitte November mit einem Schiff aus Spanien ankommen. ,,Das Fest ist zu einem Albtraum geworden.‘‘

Ist der Zwarte Piet eine rassistische Figur?

Das wurde es, weil in den Niederlanden seit Wochen eine heftige öffentliche Debatte tobt, ob der Zwarte Piet nun eine rassistische Figur sei oder nicht. Die Gegner argumentieren, das sei er, weil der Zwarte Piet mit seinem dunklen Gesicht, Kraushaar und den goldenen Ohrringen an die Periode des Sklavenhandels erinnere, in der die Niederlande eine unrühmliche Rolle spielten. Die Anhänger des St. Nikolausfestes und des Zwarte Piets meinen, das sei doch nur ein harmloses Kinderfest. Die Figur des Zwarte Piet sei keineswegs diskriminierend, sondern nur schwarz durch den Ruß in den Kaminen.

Erstmals hatte die Käsestadt Gouda dem traditionellen Zwarte Piet einen mit einem gelb geschminkten Gesicht zur Seite gestellt, um den Kritikern entgegenzukommen. Aber auch das half nichts. Im Gegenteil. Die Fans protestierten und wollten nur ihren Zwarte Piet sehen. Die Atmosphäre bei der Ankunft des St. Nikolaus war nicht nur grimmig, sie war gespannt und gefährlich. Es hieß sogar, dass St. Nikolaus in diesem Jahr erstmals eine kugelsichere Weste unter seinem Bischofsgewand tragen musste, weil man Angst hatte, es könnte auf ihn geschossen werden.

Der Ministerpräsident bedauert die Zwischenfälle

Ministerpräsident Mark Rutte nannte die Zwischenfälle „zutiefst traurig“. „Jeder darf über die Farbe des Zwarte Piet reden, doch keiner darf ein Kinderfest derartig stören“, sagte er. Schon im Vorfeld hatte es Prosteste gegeben und musste sich das niederländische Verwaltungsgericht mit der Angelegenheit auseinandersetzen. Es entschied, dass der Zwarte Piet schwarz bleiben darf. Damit stimmten die Richter in ihrem Urteil der großen Mehrheit der Niederländer zu. Eine Umfrage hatte kürzlich erst ergeben, dass 92 Prozent aller Niederländer ebenfalls am Zwarte Piet festhalten wollen. Dies wurde nun offiziell mit dem Gerichtsurteil bestätigt: Der Zwarte Piet gehört eben zur niederländischen Kultur wie der Käse zu Gouda.