Die Niederlande haben Europa ein weiteres Problem beschert. Das ist zwar lösbar, aber es wirft ein beängstigendes Schlaglicht auf die EU. Und es lässt den russischen Präsidenten jubeln, kommentiert Christian Gottschalk.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Die Niederlande haben im Januar die Ratspräsidentschaft der EU übernommen, im festen Willen, zumindest einen Teil des Problemberges abzutragen, vor dem die Gemeinschaft gerade steht. Nun ist das Gegenteil geschehen, sie haben noch ein paar Probleme dazu gegeben. Das Nein zum Assoziierungsabkommen mit der Ukraine ist ein schwerer Schlag. Das Frohlocken der EU-Gegner, damit sei der Anfang vom Ende der Gemeinschaft gemacht, ist aber Unsinn.

 

Mark Rutte steht vor einem schwierigen Spagat. Auch wenn das Referendum nicht bindend ist, auch wenn knapp 70 Prozent der Wahlberechtigten zu Hause geblieben sind, er kann das Ergebnis nicht ignorieren. Gleichzeitig steht er gegenüber Brüssel in der Pflicht. Praktisch wird das Abkommen schon angewandt, daran soll sich nichts ändern. Die Lösung dieses Dilemmas liegt in Zusatzvereinbarungen und Nebenabreden, die nun ausgehandelt und beigefügt werden müssen. Ob Rutte das politisch überlebt, ist eine ganz andere Frage.

Einer Kampagne aufgesessen

Es sind zwei andere Punkte, die Beachtung verdienen. Zum einen sind die Niederländer einer populistischen Kampagne aufgesessen. Die Argumente, mit denen das Nein zum Referendum begründet wurde, waren objektiv nicht stichhaltig. Trotzdem haben sie gezogen. Eine Mischung aus Denkzettel für die bisherige Politik und Europakritik kommt da zum Tragen, die in vielen Ländern besteht. Das muss sehr viel ernster genommen werden. Zum anderen ist da der geopolitische Aspekt. Das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine ist nicht irgendein Wirtschaftsvertrag. Es ist das Papier, das vor gut drei Jahren eine Kette von Ereignissen in Gang gesetzt hat, an deren Ende die Krim-Krise und der Krieg im Donbass standen. Im Ringen um Bündnispartner spielt das Nee der Niederländer dem russischen Präsidenten in die Hand. Der kann nun auf die Unzuverlässigkeit Europas verweisen – und zugleich seine eigene Standhaftigkeit.