Schon die Bundestagswahl hat gezeigt: Es gehen wieder mehr Menschen zur Wahl. Das könnte sich nur drei Wochen später auch bei der Landtagswahl in Niedersachsen bestätigen. Aber wer macht das knappe Rennen?

Hannover - Bei strahlendem Sonnenschein hat sich bei der Landtagswahl in Niedersachsen eine etwas höhere Wahlbeteiligung abgezeichnet als vor vier Jahren. Am Sonntagnachmittag (16.30 Uhr) hatten 53,38 Prozent der 6,1 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Bei der Wahl 2013 lag die Beteiligung zum selben Zeitpunkt bei 53,33 Prozent. Das Ergebnis der Briefwahl ist hier noch nicht eingerechnet. Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in mehreren Städten deutet hier auf eine deutlich höhere Beteiligung hin. In Niedersachsen ist es das letzte Wochenende der Herbstferien.

 

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) rief die Menschen bei der Stimmabgabe dazu auf, zur Wahl zu gehen: „Die Demokratie in unserem Land braucht aktive Bürgerinnen und Bürger.“ Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Weil und dem CDU-Spitzenkandidaten und früheren Kultusminister Bernd Althusmann voraus.

Der Anstieg bei der Wahlbeteiligung sei vergleichbar mit dem bei der Bundestagswahl, sagte eine Mitarbeiterin der Landeswahlleitung in Hannover am Mittag. 2013 erreichte die Wahlbeteiligung 59,4 Prozent, nachdem 2008 mit 57,1 Prozent ein für das Bundesland historisches Tief verzeichnet worden war.

Trotz des erwarteten knappen Rennens blieb Althusmann optimistisch: „Ich bin nach wie vor zuversichtlich“, sagte er bei der Stimmabgabe in Südergellersen im Landkreis Lüneburg zum Ausgang der Landtagswahl. „Wir wollen mal sehen, wer am Ende die Nase vorn hat.“ Die Voraussetzungen seien gut, dass der Wahltag der „perfekte Tag“ werden könne.

Große Unterschiede vor allem bei Bildungsthemen

Einige Bürger wählten auch an ungewöhnlichen Orten - in Buchholz zum Beispiel im Fitnesskeller von Dagmar Müsing. „Gut über die Hälfte der Wahlberechtigten war schon da“, sagte die 61-Jährige am Sonntagnachmittag. Das sei etwas weniger als bei der Bundestagswahl vor drei Wochen zur gleichen Zeit. Müsing hat in ihrem Fitnessraum Laufband, Ergometer und Crosstrainer für eine Stimmkabine zur Seite geräumt.

Die Wahl war ursprünglich für Anfang 2018 geplant. Weil aber die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten überraschend zur CDU wechselte und die rot-grüne Landesregierung deshalb keine Mehrheit mehr hatte, wurde die Wahl vorgezogen. Die Parteien einigten sich auf den 15. Oktober als neuen Wahltermin. Viereinhalb Jahre hatte die rot-grüne Koalition in Niedersachsen mit nur einer Stimme Mehrheit gehalten.

Die Bildung einer neuen Regierung könnte schwierig werden. Laut Umfragen reicht es weder für eine Fortsetzung des Regierungsbündnisses noch für Schwarz-Gelb. Rechnerisch möglich scheinen eine große Koalition von SPD und CDU, ein Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP sowie eine Jamaika-Koalition von CDU, Grünen und FDP.

Sollte die CDU die Wahl gewinnen, ginge Kanzlerin Angela Merkel an diesem Mittwoch gestärkt in die Sondierungsgespräche mit Grünen und Liberalen zur Bildung einer neuen Bundesregierung. Für die SPD dagegen wäre ein Sieg in Niedersachsen der erste Wahlerfolg in diesem Jahr nach ihrem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl im September sowie den Verlusten bei den Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen im Frühjahr 2017.

Die Grünen gehen mit der derzeitigen Fraktionschefin Anja Piel an der Spitze ins Rennen, die FDP mit dem früheren niedersächsischen Umweltminister Stefan Birkner. Die Linke wird von der Physiotherapeutin Anja Stoeck in den Wahlkampf geführt, die AfD von der Immobilien- und Versicherungsmaklerin Dana Guth.

Bei den Wahlkampfthemen zeigten sich vor allem mit Blick auf die Schulpolitik große Unterschiede. SPD und Grüne betonen Bildungsgerechtigkeit, die SPD verspricht etwa, die kostenlose Schülerbeförderung bis zur Klasse 13 auszubauen. Die Grünen wollen die Schulsozialarbeit fördern. Die CDU plädiert dagegen für Leistung und will erreichen, dass in den Grundschulen ab Klasse 3 wieder überall Noten gegeben werden. Zudem kündigte Althusmann im Falle seines Wahlsieges eine Pause bei der Inklusion an, beim gemeinsamen Lernen von Kindern mit und ohne Behinderungen.