Anstehen für einen Turnschuh? Der Air Yeezy II von Nike macht´s möglich. Der Mann vom Sneakerstammtisch Stuttgart erklärt mal wieso, weshalb und warum. 

Also eigentlich gehört der Air Yeezy ja Kanye West. Kanye West ist Musiker. Er singt bzw. rappt, produziert für sich und andere Musiker weltweit. Aber er ist auch Fashion-Fan, arbeitet an einer eigenen Kollektion und hat schon mit Louis Vuitton zusammen designed. Und eben auch mit der Weltmarke NIKE . Dabei macht Herr West gar keinen Sport. Im Unterschied zu anderen Künstlern, die bereits mit Nike zusammenarbeiten durften, hat Herr West nicht nur ein bereits bestehendes Modell nach seinen Vorlieben gestalten dürfen. Nein, Kanye West ist der einzige Nicht-Sportler der  sein eigenes Modell bekommen hat. Die Rede ist vom Air Yeezy bzw. dem Nachfolgemodell Air Yeezy 2, ein eigenständiger Entwurf, den West aus seinen Lieblingsmodellen von Nike zusammengestellt hatte.

 

Bereits bei der Ankündigung zum ersten Modell im Jahr 2009 sind Turnschuh-Sammler weltweit hellhörig geworden und habe den Erscheinungstermin herbeigesehnt. Der Hype wurde über ein halbes Jahr aufgebaut und die 3000 Paar pro Farbe (drei verschiedene gab es), die im Monatsabstand veröffentlicht wurden, waren binnen weniger Minuten ausverkauft. Die Anfrage war so gross, das von Farbe zu Farbe die Bereitschaft vor dem Laden zu campieren um nicht leer auszugehen, extrem anstieg. Waren es bei der ersten Farbe noch die Nacht zuvor, saß man bei den folgenden Farben bereits 3 Tage beziehungsweise eine ganze Woche vor dem Laden. Allerdings beschränkte sich soviel Aufopferung hauptsächlich auf die USA. In Europa konnte man sich die Nacht zuvor anstellen und bekam sein Paar ohne Probleme, ähnlich wie einen Harry Potter-Roman oder ein Ipad. Vorausgesetzt natürlich man war gewillt den Ladenpreis von € 220.- zu zahlen. Anhand der Limiterung des Produkts und der großen Nachfrage ist dieser Preis allerdings geradezu lächerlich gewesen, da der Schuh innerhalb weniger Minuten auf Auktionsportalen wie ebay oder in Foren Preise um die € 800.- pro Paar erzielte.

Mitte Juni 2012, genauer gesagt am letzten Samstag, fand der weltweite Release des Air Yeezy 2 statt, dem Nachfolger zum Verkaufsschlager aus dem Jahre 2009. Mit dem Unterschied dass dieser Release bereits eineinhalb Jahre im Voraus angekündigt wurde und der Hype mit immer neuen Bildern noch stärker aufgebaut wurde als beim Vorgänger. Ursprünglich im März/April diesen Jahres angekündigt wurde der Veröffentlichungs-Termin dann auf den 09. Juni gelegt. Nach und nach wurden mehr und mehr Details bekannt, es sollte nur noch 2 Farben geben, 3 Läden in Deutschland sollten ihn bekommen. Die Foren und Gruppen in denen sich die Sammler treffen und kommunizieren liefen heiss.

Und Anfang Juni dann die Erlösung, die Farben waren verteilt auf drei Läden, Grau sollte an Glory Hole aus Hamburg und The Good Will Out in Köln gehen, Schwarz an Solebox aus Berlin. Mit dieser Info und Camping-Ausrüstung ausgestattet sollten die ersten Camper am 02. Juni 2012 vor der Solebox in Berlin auftauchen. Es war zuvor bei einigen Veröffentlichungen bereits zu sogenannten Camp-Outs gekommen, aber keiner ging länger als drei Tage.

Diese YEEZY-Manie erklärt sich folgendermaßen: Zum einen ist Kanye West noch erfolgreicher mit seiner Musik als vor 3 Jahren. Darüber hinaus ist die Gruppe der Turnschuh-Sammler weltweit ebenfalls extrem angewachsen, auch zum Leid vieler alteingesessener Sammler, aber das ist ein anderes Thema. Und gleichzeitig wurde die Anzahl der Schuhe extrem eingeschränkt, es sollte nur 940 Paar weltweit geben. Und dann wären da noch die Weiterverkäufer, Personen die sich bewusst anstellen um den Schuh weiterzuverkaufen, da die Gewinnspanne wie bereits beim ersten Modell beträchtlich ist, selbst wenn man 1 Woche Urlaub nimmt um vor einem Laden zu sitzen. Schon fast bezahlter Urlaub sozusagen. 

Die Frage ist nun, warum genau diese 3 Städte? Und warum nicht Stuttgart?Deshalb: Zuerst bekommt nicht einfach jeder Laden dieses Modell, man muss einen gewissen Stellenwert bei Nike haben, d.h. die Zusammenarbeit muss über Jahre hinweg aufgebaut und gefestigt sein. Desweiteren muss man sowohl in der heimischen, als auch internationalen Szene ein gewisses "Standing" haben. Seinen Laden in einer Stadt zu haben, die als Turnschuh- oder Sneaker-Sammler-Hochburg gilt, ist natürlich ebenso von Vorteil. Jetzt ist in Stuttgart das Problem, dass es zwar viele Leute gibt die das Schuhwerk mit dem Swoosh gerne tragen, aber es gibt eben noch keinen Laden, der sich einen sogenannten Premium-Account erarbeitet hat. Den Titel der heimlichen Sneaker-Hochburg im Südwesten hat Stuttgart schon, auch das Potential ist vorhanden. Aber das Konzept und die Umsetzung stimmen bisher noch nicht.

Zurück zum Yeezy 2, inzwischen ist es Mittwoch, 06. Juni 2012 und so langsam füllen sich die Gehsteige vor den Sneaker-Boutiquen in Hamburg, Berlin und Köln. Aber auch Zürich und Resteuropa wissen darüber zu berichten, dass der Andrang zunimmt. Es dauert nicht lange und die ausgehängten Listen vor den Läden werden geschlossen. Diese Listen sind eine Art Check-Liste wer noch anwesend ist, oftmals kann man auch die Wunschgröße eintragen.

Knapp 20 Paar von 28 angedachten schaffen es hier in den Verkauf, der Rest geht an die Mitarbeiter oder Geschäftspartner. Von den 20 wiederum landen circa die Hälfte direkt bei ebay. Und die Preise explodieren regelrecht. Von dubiosen Händlern mit der Möglichkeit den Schuh ohne Stress zu horrenden Preisen vorzubestellen mal abgesehen, fangen die Gebote da an wo beim Vorgänger-Modell Schluss war. Es gibt kein einziges Paar unter € 1500.-, beträchtlich wenn man bedenkt dass der Ladenpreis diesmal bei € 260.- liegt!

Samstag Mittag die Erleichterung für die ganzen Wartenden in Deutschland und die Ernüchterung für all die Hoffenden. Alle Schuhe sind sofort ausverkauft, kaum einer hat aufgegeben. Wer sich früh genug angestellt hat, hat einen bekommen. Wer keinen ergattern konnte, wird es noch im Internet probieren. Es gab Läden, die ihre Kontingente aufgeteilt haben und Paare per Verlosung online angeboten haben. Es gab sogar Läden die sie einfach so online gestellt haben, allerdings war es auch dort nicht leicht ein Paar zu ergattern, da sie entweder innerhalb von Sekunden weg waren, oder aber die Server unter Last zusammengebrochen sind.

Gewinner des Hypes sind natürlich Kanye West selbst, NIKE an vorderster Stelle und die wenigen glücklichen Sammler, die ein Paar bekommen haben ohne den Zwischenschritt über den Weiterverkäufer, der einen durchschnittlichen Monatslohn in Deutschland einfordert. Wie gesagt, in ferner Zukunft kann man dann auch in Stuttgart Teil des Ganzen werden, oder eben den Kopf schütteln. Genau wie schon vor über 30 Jahren als Krieg der Sterne in die Kinos kam, die Rolling Stones in Stuttgart gespielt haben oder eben beim letzten Apple-Release vor einem Gravis. Alles schon da gewesen, nur eben noch nicht mit Turnschuhen.