Im Nikolaus-Cusanus-Haus rufen drei ganz junge Hochbegabte der Stuttgarter Musikschule begeisterte Bravo-Rufe hervor.

Stuttgart-Birkach - Da könnte einem eigentlich fast angst und bange werden: Ein elfjähriger Pianist macht praktisch eine ganze Stunde lang Musik, spielt vollkommen auswendig solistische Schwergewichte oder begleitet seine zwei ähnlich jungen und gleichfalls hochbegabten Partner mit aufmerksamster Einfühlung. Aber Robert Neumann ist ein ganz lockerer Lausbub. Den stresst das kaum. Am Samstag stand er beim Preisträger-Konzert im Nikolaus-Cusanus-Haus im Mittelpunkt.

 

In der Begabtenklasse der Stuttgarter Musikschule lernt er nicht nur das feinfühlige und virtuose Klavierspielen bei Monika Giurgiuman, der Leiterin und Lehrerin. Er nimmt auch schon Kompositionsunterricht. Denn für den kessen Spross einer Musikerfamilie ist die Musik lustvolles Lebenselixier. Man sieht das, spürt das. Und seinen jungen Musizierpartnern ist Robert Neumann ganz der Freund, mit dem man tolle Sachen machen kann, aber auch mal Unfug hinter der Bühne.

Das kleine Fräulein mit dem großen Ton

Johanna Spegg zählt gerade mal zehn Lebensjahre und hat sich ein Instrument ausgesucht, das als kaum je für Kinder geeignet, erst recht nicht für Mädchen geschaffen scheint: die Trompete. Das kleine Fräulein mit dem großen Ton aus einem kraftvollen Atem, Schülerin von Florian Schiessler, hatte für die gewisse Aufregung bei Guillaume Balays „Petite Pièce Concertante“ eine wunderbare Stütze in ihrem Begleiter. Sehen konnten es die Zuhörer, aber zu hören war kein noch so kleines Wackeln. Und in der flotten „Concert Etude“ von Alexander Goedicke, gleichfalls spätromantisch, aber etwas weniger amerikanisch im Klang, verflog das vollends.

Im Mittelteil konnte Robert Neumann sich dann ganz allein seinem Flügel widmen und den geistigen wie den weltlich-virtuosen Ausdrucksformen seiner geliebten Musik. Die Sonate in c-Moll von Joseph Haydn ist keine Zirkusnummer, sondern erfordert viel Verstehen und Gestalten bei allem technischen Anspruch. Das war schon fast berückend, wie in sich gekehrt und allen Feinheiten nachspürend dieses Kind den eher schlichten, langsamen Mittelsatz in seinen Tiefen auslotete und so ausphrasierte, als spiele es wie in einer religiösen Meditation nur für sich.

Ein Phänomen, dieses geniale Kind

Sergej Rachmaninow war vor allem Pianist, wohl einer der größten überhaupt. In seinen „Etudes Tableaux“ kommt aber neben dem akrobatischen Spaß am Klavier auch dieser Ausdruckswille und eine Formbeherrschung des Komponisten ans Licht, zum Klang. Noch wird Robert Neumann angeleitet und geführt. Aber der Elfjährige, berstend vor Energie, Spielfreude und Lust, scheint das alles schon zu beherrschen wie ein ganz Großer, ob in vielstimmiger Melodik getragen oder rauschend keck. Es gab begeisterte Bravo-Rufe für ihn.

Der ein Jahr ältere Till Schuler, Cello-Schüler von Lisa Neßling, ist ein anderer Typ. Bei Siegfried Barchets fast noch zeitgenössischem „Parvis Saint-Michel“ feierte er weniger die virtuosen Künste des Stücks als ein verdichtetes, ganz meditativ ins Innere gekehrtes Ausmessen von Klängen. Und auch die eher extrovertierten Stücke, ein barockes Rondo von Luigi Boccherini und David Poppers romantische „Polonaise de Concert“, tastete er eher nach ihren Tiefen ab als nach opulentem Klang oder technischen Capricen. Und Robert Neumann, der Begleiter, war auch darin ganz bei ihm, ganz musikalischer Freund – ein Phänomen, dieses geniale Kind. Das kundige Publikum, stets eher dezent im Applaus, feierte die drei besonders jungen Hochbegabten außergewöhnlich lang.