Die ersten Schüler der Nikolauspflege haben ihre neuen Klassenräume in Stuttgart-Möhringen bezogen. Um auf die besonderen Bedürfnisse der seh- und teils mehrfachbehinderten Schüler eingehen zu können, waren umfangreiche Umbaumaßnahmen nötig.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Möhringen - Die neuen Gänge und Klassenzimmer sind auffallend hell. „Das brauchen unsere Schüler, um sich besser zurechtzufinden“, erklärte Anne Reichmann. Sie ist die Leiterin des Geschäftsbereichs frühkindliche und schulische Bildung in der Nikolauspflege und hat am Freitag zusammen mit anderen Mitarbeitern der Stiftung durch das Haus am Albstadtweg geführt. Die gleichmäßigen Lichtverhältnisse von der Decke bis zum Fußboden helfen den Kindern und Jugendlichen dabei, die ihnen verfügbare Restsehkraft optimal zu nutzen. Die Türen der Klassenzimmer, Fach- und Sanitärräume hingegen sind dunkelblau. Der starke Kontrast ist ebenfalls bewusst gewählt und hilft ebenso wie die dunkelblauen Linien am Boden bei der Orientierung, sagte Reichmann.

 

Vor zwei Wochen sind die ersten Schüler des Hauses am Dornbuschweg in ihre neuen Räume umgezogen. Nach den Osterferien sollen die restlichen folgen. Insgesamt werden dann mehr als 100 Schüler in 18 Klassen à sechs Kinder am Albstadtweg 12 unterrichtet. Der Umzug war nötig geworden, weil die Nikolauspflege ihre Standorte am Dornbuschweg und am Kräherwald erweitern will. Geplant ist, dass die Schüler nun für die nächsten fünf Jahre in Möhringen bleiben, bis sie in die neuen Räume am alten Standort zurückkönnen.

Die Schüler brauchen besondere Unterstützung

Um den besonderen Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen gerecht zu werden, waren am Albstadtweg umfangreiche Umbaumaßnahmen auf zwei Stockwerken nötig. Denn die Schüler der Nikolauspflege haben allesamt eine Sehbehinderung und mehr oder weniger stark ausgeprägte geistige Einschränkungen, die nicht selten auch mit einer körperlichen Behinderung einhergehen. Deswegen müssen die Gänge und Räume auch für Rollstuhlfahrer passierbar sein.

„Unsere Schüler brauchen viel Unterstützung“, sagte Ulrike Steffen, die die Hausleitung der Interimsschule am Albstadtweg übernommen hat. Weil die Bedürfnisse der Kinder so unterschiedlich sind, ist der individuelle Umgang besonders wichtig. Je zwei Fachkräfte unterrichten die Kleinklassen im Schnitt, dazu kommt ein Freiwilligendienstleistender. Vom Blindenpädagogen bis zum Ergotherapeuten sind verschiedene Fachrichtungen vertreten. Den klassischen Frontalunterricht gibt es nicht. „Die Schüler lernen mehr mit den Händen als mit den Ohren“, sagte Steffen. Das Unterrichtsmaterial muss also „begreifbar gemacht werden“. Auch die einzelnen Zimmer können die Schüler tastend erkennen: Ein Symbol an der Tür sagt ihnen, welcher Raum sich dahinter befindet. Es gibt nicht nur Unterrichtsräume, sondern auch solche, in denen sich die Schüler bewegen oder aber entspannen können. Auch Diagnostik- und Förderräume sind Teil der Schule.

Der Umzug verlief bislang reibungslos

„Unser Ziel ist die größtmögliche Selbstbestimmung und Selbstständigkeit für unsere Schüler“, sagte Reichmann. Wann immer möglich, werden die jungen Erwachsenen auf dem regulären Arbeitsmarkt oder in Behindertenwerkstätten vermittelt, andere wiederum verbleiben im Förder- und Betreuungsbereich.

Die neuen Nutzer des Albstadtwegs 12 haben am Freitag zu einem kleinen Fest eingeladen. Zum einen wollten sie sich damit bei den Handwerkern, den Vermietern und den Finanzierern des Umzugs bedanken, zum anderen die Nachbarn willkommen heißen. „Wir hatten besonderes Glück, diesen Standort gefunden zu haben und möchten uns bei all denjenigen bedanken, die jeden unserer Sonderwünsche für die Räume erfüllt haben“, sagte Katharina Bossert de Paz, die Schulleiterin des Hauses am Dornbuschweg, dessen Schüler in Möhringen unterrichtet werden sollen. Die Niko-Rocker, die Schulband der Nikolauspflege, untermalten die Feier musikalisch. „Es ist schön, dass der Umbau und der Umzug bislang so reibungslos geklappt haben. Wir haben heute wirklich Grund zu feiern“, sagte Bossert de Paz.