Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat erstmals persönlich Vorwürfe zurückgewiesen, das Kanzleramt habe im Zusammenhang mit einem geplanten No-Spy-Abkommen mit den USA gelogen.

Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Vorwürfe zurückgewiesen, sie habe im Zusammenhang mit einem geplanten No-Spy-Abkommen mit den USA gelogen.

 

Auf eine entsprechende Frage der "Süddeutschen Zeitung" antwortete Merkel: "Natürlich nicht. Es gab zwischen der amerikanischen Seite und uns Gespräche, die es möglich erscheinen ließen, ein solches Abkommen zu vereinbaren." Die SPD forderte Merkel auf, beim G7-Gipfel in Oberbayern am 7. und 8. Juni mit US-Präsident Barack Obama über die US-Spähaktivitäten und die Kooperation mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) zu sprechen.

Im August 2013, wenige Wochen vor der Bundestagswahl, hatte der damalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla verkündet, die USA hätten nach massiven Spähvorwürfen den Abschluss eines No-Spy-Abkommens angeboten. Wie NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" kürzlich berichteten, wusste aber auch Merkel schon zu diesem Zeitpunkt, dass die US-Regierung die Bitte nach einem solchen Abkommen lediglich zu prüfen bereit war. Eine Zusage habe es nicht gegeben. Später waren die Verhandlungen über einen gegenseitigen Ausspäh-Verzicht nach den Berichten ganz gescheitert.

Merkel: "Es hat Kontakte gegeben"

Merkel verwies in dem Interview darauf, dass alle konkreten Einzelheiten über die Abmachungen mit der US-Regierung nur in den zuständigen parlamentarischen Gremien erörtert werden könnten. "Ich kann deshalb nur wiederholen, dass es Kontakte zwischen beiden Seiten gegeben hatte, die es angeraten erscheinen ließen, Verhandlungen über ein solches Abkommen zu führen", betonte die Kanzlerin. In den vergangenen Tagen hatte bereits Merkels Sprecher betont, die Bundesregierung habe im vorliegenden Fall nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.

Im Sommer 2013 waren die Aktivitäten des US-Geheimdienstes NSA durch die Enthüllungen des Informanten Edward Snowden bekanntgeworden. Ein Abkommen mit den USA hätte die Aktionen der NSA in Deutschland einschränken sollen.

Obama soll Liste mit Suchbegriffen veröffentlichen

Ungeachtet aller Enthüllungen über US-Spionageaktivitäten unterstrich Merkel die Bedeutungen der Geheimdienstkontakte zu den USA. "Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir im Interesse der Sicherheit unserer Bürger die nachrichtendienstliche Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika wie auch mit den europäischen Partnern brauchen." Sie sei überzeugt, "dass nachrichtendienstliche Tätigkeit jedem von uns Sicherheit und Schutz gibt".

Die SPD forderte Merkel auf, Obama zur Veröffentlichung der Liste mit Suchbegriffen (Selektoren) der US-Geheimdienste zu bewegen. "Sie sollte unbedingt beim G7-Gipfel in Elmau Klartext mit dem US-Präsidenten sprechen. Unter Freunden sollte so etwas möglich sein", sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). Das Kanzleramt will dem Bundestag nur mit Zustimmung der USA Zehntausende Suchbegriffe der National Security Agency (NSA) übergeben. Es besteht der Verdacht, dass der BND den Amerikanern damit geholfen hat, europäische Unternehmen und Politiker auszuforschen.