Die Stuttgarter Band Eau Rouge macht auf ihrem Album "Nocturnal Rapture" Musik für die große weite Welt. Sie setzt auf musikalische Überwältigung - und ein Video mit dem beliebten NSFW-Hinweis. 

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Der Band Eau Rouge könnte man in den vergangenen Jahren schon ein paarmal begegnet sein. In ihrem temporären Club im Azenberg-Areal zum Beispiel, beim 3D-Konzert an der Hochschule der Medien, bei diversen Popbüro-Gigs oder meinetwegen beim Showcase-Festival SXSW in Austin, Texas. Wir haben sie zuletzt beim Bäcker Bosch getroffen.

 

Am Freitag erscheint das Album "Nocturnal Rapture", und zwar ebenso wie die Vorgänger-EP bei AdP Records. Damit legt sich das Stuttgarter Trio seinem Namen entsprechend ziemlich hart in die Kurve. Die Platte soll den Durchbruch markieren. Und tatsächlich klingen Eau Rouge nach großer weiter Welt und Jet-Set. Auch der Promoabteilung ist ganz wichtig, dass Eau Rouge für nächtliche Exzesse stehen, bei denen das Motto gilt: wer sich erinnern kann, war nicht dabei. Klingt nach Achtzigern? Klaro. Womit wir beim Thema wären.

Ein dazu passendes Video mit dem allseits beliebten NSFW-Hinweis ("Not Suitable for Work", etwa: besser nicht bei der Arbeit anschauen) kam dieser Tage raus:

Dabei müsste man den Hörer gar nicht so explizit auf eine Kopfkino-Schiene setzen (auch wenn der Verweis auf die im mittelalterlichen England als Hexe verbrannte Margery Jourdemain charmant ist). Denn eigentlich kann man dieses traumtänzerische Album gar nicht falsch verstehen: Der Sägezahn-Bass, das in die Ewigkeit nachhallende Schlagzeug, die schillernden Synthesizer und der weltweit einmalige, herrlich hingehauchte Gesang von Jonas Teryuco sind schon klanglich das Gegenstück zu all den sonnig-authentischen Songwritern, die ihre vielleicht etwas zu gute Laune verbreiten. 

Das wiederum ist die Essenz des Eau-Rouge-Albums: ein Zurück zu einer geradezu klassisch internationalistisch-modernen, recht kantenlosen Künstlichkeit, die man so konsequent am ehesten vom Synthie-Pop der Achtzigerjahre kennt. "Nocturnal Rapture" dekonstruiert und feiert diese Künstlichkeit gleichermaßen und hebt sie mit den klanglichen Mitteln des Jahres 2016 auf eine neue, überwältigende Stufe. Man wird von diesen Stücken mitgenommen, verliert sich in ihnen und wundert sich, wenn sie plötzlich vorbei sind. Fast jeder Song ist zudem eine Steilvorlage für clubtaugliche Remixes, an Bass- und Hooklines oder in Hall zu ertränkenden Melodiebögen herrscht jedenfalls kein Mangel. 

Eau Rouge sind bis zu diesem ersten Album schon einen reichlich weiten Weg gegangen. Auf "Nocturnal Rapture" verfolgen sie ihren musikalischen Ansatz auf die bisher radikalste Weise. Bei der Release-Tour, die am Freitag aufs Gerberviertelfest sowie tags darauf aufs Sindelfinger Dit-is-Schade-Festival und am 13. Oktober ins Zwölfzehn führt, ist das noch Musik für Clubs und kleine Bühnen. Aber eine, die nach mehr klingt.
 

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