Grün-Rot schrieb ihn in den Koalitionsvertrag - ob der Nationalpark aber auch kommt, ist nicht klar.

Karlsruhe - Dafür, dagegen oder „ergebnisoffen“? Die Debatte um einen Nationalpark im Nordschwarzwald erhitzt die Gemüter. Grün-Rot hat es zwar in den Koalitionsvertrag geschrieben, aber ob der Park wirklich kommt, ist noch längst nicht ausgemacht. Tourismusverbände, Holzindustrie, Umweltschützer und Kommunen streiten seit Wochen über Sinn und Unsinn eines solchen Schutzgebiets, das schon vor rund 20 Jahren in der Diskussion war, dann aber scheiterte. Die wichtigsten Fragen:

 

Wo genau soll der Nationalpark entstehen?

Im Nordschwarzwald. Nur er „erfüllt alle Kriterien“, ergab eine Studie des Naturschutzbundes Baden-Württemberg. Darin weist der NABU 40.000 Hektar aus, die für einen 10.000 Hektar großen Nationalpark geeignet sein könnten. Nach internationalen Kriterien muss ein Nationalpark mindestens diese Größe haben. Der NABU nennt drei besonders geeignete Gebiete; sie liegen alle im Grindenschwarzwald: die Enzhöhen mit dem Eyachtal, das Gebiet zwischen Murg und Enz, außerdem die Bühler Höhen. Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) betont aber, dies sei nur eine Meinung unter mehreren - und keine Richtschnur für künftige Entscheidungen.

Was sind die Vorteile eines solchen Parks?

Der NABU spricht vom „Luxus eines Freilabors“: Mit dem Nationalpark sei eine bestimmte Fläche vollkommen der Natur überlassen. Damit werde eine biologische Vielfalt gefördert, die sich sonst nicht entwickeln kann. Forscher könnten daraus wichtige Erkenntnisse für das Öko-System gewinnen. „Viele Tier- und Pflanzenarten brauchen nicht nur lebendige Bäume, sondern auch totes oder moderndes Holz“, erklärt Naturschutzreferentin Ingrid Eberhardt-Schad. Auch naturpädagogisch sei ein Nationalpark wichtig: Menschen können darin unberührte Natur erleben.

Sieht die Tourismus-Industrie im Schwarzwald das auch so?

Die Schwarzwald Tourismus GmbH findet Argumente dafür und dagegen. „Wir haben weder mit der einen noch mit der anderen Option Schwierigkeiten“, sagt Sprecher Wolfgang Weiler. Einerseits könnte ein Nationalpark ein zusätzlicher Anreiz für Touristen sein. Andererseits: „Wir haben viele wilde Ecken im Schwarzwald und müssen nicht künstlich welche schaffen.“

Was spricht gegen einen Nationalpark?

Vor allem die holzverarbeitende Industrie und kleine Sägereien haben Angst. Aus ihrer Sicht gibt es „keine Rechtfertigung für die Ausweisung eines Totalreservates mit Totholzflächen“. In ganz Europa steige die Nachfrage nach Holz, aber das Angebot sinke. Daher sei es nicht vernünftig, die Wälder sich selbst zu überlassen und nicht zu bewirtschaften. 10 000 Hektar Wald entsprechen etwa 100.000 Festmeter Holz, die dem Markt dann entzogen würden. Dadurch könnten Arbeitsplätze wegfallen.

Auch die Forstkammer Baden-Württemberg ist nicht begeistert: „Eine derart großflächige Waldstilllegung rein zu Prestigezwecken lehnen wir ab“. Das Holz könnte sonst noch knapper werden, als es ohnehin schon ist. Sogar der Bundesverband Holzpackmittel, Exportverpackung (HPE) macht sich schon Sorgen: „Wenn durch einen Nationalpark Flächen aus der Nutzung genommen werden, müssen die Holzpackmittelhersteller ihre Holzversorgung durch Einkauf in anderen Regionen Deutschlands oder durch Importware aus Osteuropa mit möglicherweise abgeschwächten Nachhaltigkeitskriterien sicherstellen“, schreibt der Verband auf seiner Internetseite. Das führe zu höherem CO2-Ausstoß und höheren Kosten durch lange Transportwege. Unberührte Natur werde damit auf Kosten anderer Regionen erreicht.

Was sagen die Gemeinden vor Ort dazu?

Die Gemeinde Forbach fürchtet ebenfalls um ihr Holz und die Freiheiten der Bürger, „die gerne Beeren sammeln, Holz machen, jagen“, sagt Bürgermeister Kuno Kußmann (CDU). Außerdem: Schädlinge, die sich im Nationalpark ungehindert entwickeln dürften, würden vor angrenzenden Nutzwäldern etwa der Gemeinde kaum haltmachen. „Da sehe ich schon eine große Gefahr.“