Eine Esslinger Ausstellung zeigt Nützliches von gestern – Kuratorin Julia Noack erzählt von langen Antennen, virtuellen Haustierchen und der Modefarbe Ende der 1960er: quietschorange.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Esslingen – Frau Noack, Sie sind gerade einmal 30 Jahre als. Viele der Gegenstände, die Sie hier zeigen, können Sie folglich gar nicht aus eigenem Gebrauch kennen.
Manche dieser Sachen habe ich nicht selbst benützt, aber von den meisten hatte ich zumindest schon mal gehört. Außerdem wird im Internet viel über solche Dinge diskutiert: Was gab es früher für Langnese-Eissorten? Welche Serien liefen im Fernsehen? Ich habe auch Kollegen und Museumsbesucher befragt, welche Alltagsgegenstände für sie eine besondere Bedeutung hatten.

Nach welchen Kriterien haben Sie dann die Objekte zusammengestellt?
Die Kuratorin Julia Noackprivat Wichtig ist, dass möglichst viele Leute etwas mit den ausgestellten Sachen anfangen können. Zwar erinnert sich jeder an spezielle Gegenstände, doch fast allen fallen das Telefon, die Schreibmaschine und ein Kassettenrekorder ein. Diese Dinge gab’s in jedem Haushalt, deswegen stehen sie auch gleich im ersten Raum der Ausstellung.

Alle drei Objekte sind orange.
Das war die Modefarbe Ende der 1960er: so ein schreiendes „Ich bin neu, ich bin aus Kunststoff“-Orange.

Wer bewahrt solche Dinge auf?
Zunächst natürlich Museen. Es gibt darüber hinaus viele Technikfreaks, die solche Dinge sammeln. Mir sind sogar Leute bekannt, die sich in ihrer Freizeit mit Kohlepapier beschäftigen. Bei vielen anderen liegen die alten Sachen unbeachtet hinten im Schrank. Manchen ist es vielleicht auch zu viel Aufwand, sie wegzuschmeißen.

Das ausgestellte Handy sieht aus wie Dinosaurierknochen.
Als „Knochen“ wird eigentlich ein Handy von Motorola von 1983 bezeichnet. Das bei uns ausgestellte Modell hat aber immerhin eine halbmeterlange Antenne zum Rausziehen.

Daneben zeigen Sie das Autotelefon Porty.
Das konnte man aus dem Fahrzeug mitnehmen, es hat einen richtigen Tragegriff. Die Idee war: wenn man schon ein Funktelefon besitzt, dann sollte man es auch beim Spazierengehen dabei haben können, nicht nur im Auto. Es war ungemein kompliziert, sich ins Netz einzuwählen. Dennoch war das Gerät sehr teuer, ein echtes Statussymbol.

Hat sich einer Ihrer Besucher geoutet, der ein solches Autotelefon besaß?
Nein, aber beim Plattenspieler und beim Diaprojektor sagen viele ältere Leute sentimental: „Schau, so einen hatte ich auch mal.“ Die Jüngeren kennen viele Geräte gar nicht mehr. Bei einer Kinderführung haben sich Grundschüler mal mit der Drehwählscheibe an einem Telefon beschäftigt. Die wussten nicht, dass man jede Ziffer bis zum Anschlag wählen muss . . .

. . . was ja auch nicht so schlimm ist. Heute geht es schließlich komfortabler.
Ja, das stimmt. Die Ausstellung soll auch zeigen, dass nicht alles toll war. Es hat durchaus positive Seiten, dass man nicht mehr auf der Schreibmaschine schreiben muss, wo garantiert ein Buchstabe immer hängen bleibt.