Die Zelte, die derzeit im Reitstadion im Neckarpark aufgebaut werden, müssen winterfest sein. Zwischen 70 und 300 Menschen werden sich vom 16. November an ein Zelt teilen müssen. Glücklich ist über diese Art der Unterbringung in Stuttgart niemand.

Stuttgart - Das Gerippe des ersten Zeltes steht bereits. Die Arbeiter sind dabei, mit einem Gabelstapler Plastikplanen über das Dach zu ziehen. Auch der Sicherheitsdienst ist schon da, um unerwünschte Besucher vom Reitstadion im Neckarpark fernzuhalten. Bis Ende nächster Woche sollen die sieben Zelte stehen, in denen das Land 1100 Flüchtlinge über den Winter unterbringen und versorgen will. Am 16. November sollen die ersten Asylsuchenden die künftige Zeltstadt im Reitstadion beziehen. „Zwei Tage, dann könnten die 1100 Plätze vollständig belegt sein“, sagte Michael Brandt, der Sprecher der Lenkungsgruppe Flüchtlingsunterbringung des Innenministeriums, am Mittwoch beim Termin am wenig lauschigen Ort zwischen Neckar und der Daimler-Teststrecke.

 

„Wir würden uns natürlich eine andere Unterbringung für die Flüchtlinge wünschen, mit vernünftigen Zimmern und einem festen Dach über dem Kopf, aber wir haben die Spielräume nicht“, erklärt Brandt. Zuletzt sind 1750 Flüchtlinge an einem Tag nach Baden-Württemberg gekommen, ein Rekord, wie der Ministeriumssprecher feststellt. „Die Staus auf dem Balkan haben sich aufgelöst, jetzt sind die Leute bei uns“, so Brandt. Sieben Zelte werden im Reitstadion aufgebaut, in fünfen werden Flüchtlinge wohnen, hinzu kommt ein Verpflegungszelt und eines für die Verwaltung und die Sicherheitsleute. Die Wohnzelte fassen 70 bis 300 Menschen. Geplant ist, die Zelte mit Stockbetten auszustatten, „wenn wir diese bekommen“. „Die Lieferzeiten sind lang. Unser Vorteil aber ist, dass wir viele im Voraus bestellt haben“, so Brandt. Im Notfall werde man auf Feldbetten und Matratzen zurückgreifen.

Eine Ölheizung macht die Zelte winterfest

Um ein klein wenig Privatsphäre zu ermöglichen, sollen wie in den Messehallen kleine Betten-Karrees von sieben auf sieben Metern gebildet werden. Die Familien können sich Stockbetten zusammenstellen und Vorhänge aufhängen, um wenigstens optisch eine Abtrennung zu bekommen.

Da die Zelte winterfest sein sollen, haben sie nicht nur eine Plane, sondern Kunststoffelemente an den Seiten, einen Holzboden und sind vor allem mit einer Ölheizung ausgestattet. Mit Hilfe eines Gebläses wird warme Luft im Zeltinneren verteilt, ein Thermostat soll für eine erträgliche Durchschnittstemperatur sorgen. „Da werden natürlich Türen offen stehen. Der Energieverbrauch wird hoch sein“, räumt Michael Brandt ein.

Hoch sein wird für die Flüchtlinge auch die Lärmbelastung durch die Nähe zur B 10 und zur Daimler-Teststrecke, die Tag und Nacht genutzt werde, wie Brandt erläutert. „Daimler will sich aber bemühen, den Testbetrieb so leise wie möglich zu gestalten.“ Wie viel Geld das Land für die Zelte aufbringen muss, dazu will sich das Innenministerium nicht äußern. Weitere Zeltstädte im Land gibt es auf dem Messegelände in Villingen, in Neuenstadt am Kocher und in der Landeserstaufnahmestelle (Lea) in Ellwangen. Die Stuttgarter Zeltstadt ist eine Notunterkunft, in der Flüchtlinge bis zu ihrer Registrierung und Weiterverteilung untergebracht sind. Stuttgart bekommt zudem eine Lea für tausend Flüchtlinge in der ehemaligen Logistikhalle der Deutschen Post beim Hauptbahnhof. Der Einzug ist am 23. November geplant.

Das Ende der Zeltstadt ist schon beschlossen. Im Juni soll der Abbau beginnen, damit das Kinderferienprogramm Stutengarten stattfinden kann, die einzige feste Veranstaltung, die im Reitstadion noch stattfindet. Jörg Klopfer, der Sprecher der Veranstaltungsgesellschaft In Stuttgart, die das Reitstadion an das Land gegen eine nicht genannte Aufwandsentschädigung vermietet, spricht deshalb davon, dass das Reitstadion „aus seinem Dornröschenschlaf“ geweckt werde. „Reitturniere finden seit 2010 nicht mehr statt“, so Klopfer.