Bundespräsident Joachim Gauck ist am Sonntag im italienischen Ort Sant’ Anna die Stazzema, um dort mit dem italienischen Staatsoberhaupt Giorgio Napolitano an einer Gedenkveranstaltung für das NS-Massaker von 1944 teilzunehmen. Gaucks Zeichen macht in den Augen der Betroffenen gut, was in Stuttgart versäumt wurde.

Berlin - Wenige Monate nach der Entscheidung der Stuttgarter Staatsanwaltschaft, keine Ermittlungen wegen des Nazi-Massakers im italienischen Sant’ Anna di Stazzema einzuleiten, setzt Bundespräsident Joachim Gauck ein Zeichen. An diesem Sonntag kommt das Staatsoberhaupt gemeinsam mit dem italienischen Präsidenten Giorgio Napolitano zu einer Gedenkveranstaltung in das toskanische Bergdorf, das 1944 von der Waffen-SS zerstört worden war. Nach nur drei Wochen folgt Gauck damit einer Einladung des Vorsitzenden des Opferverbandes, Enrico Pieri, der den Besuch ursprünglich zum 70. Jahrestag im Jahr 2014 vorgeschlagen hatte. Der heute 78-jährige Rentner hatte das Massaker mit 500 Toten, darunter Frauen und Kindern, als zehnjähriger Junge überlebt.

 

Pieris „anrührender Brief“ (Gauck) war dem Bundespräsidenten Ende Februar von Napolitano in Berlin übergeben worden. Beim Staatsbankett zu dessen Ehren ging er umgehend darauf ein. „Die allzu oft verleugneten oder verdrängten Verbrechen an Ihren Landsleuten unter der deutschen Besatzung beschämen uns bis heute“, sagte Gauck und kündigte einen gemeinsamen Besuch in Sant’ Anna an. Zugleich wandte er sich dagegen, den Abschlussbericht der deutsch-italienischen Historikerkommission als „Schlussstrich“ zu verstehen.

Häußler hatte die Ermittlungen eingestellt

Der Stuttgarter Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler hatte die Ermittlungen zu dem Massaker im Herbst 2012 nach rund zehnjähriger Dauer eingestellt. Dies war in Deutschland, aber auch international auf Unverständnis und Proteste gestoßen. Gegen die Entscheidung hatte Pieris Anwältin Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft eingelegt. Anlässlich der Übergabe war der Rentner nach Stuttgart gereist.

Die Organisatoren hatten dabei auf einen Termin bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) oder Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) gehofft, der jedoch nicht zustande kam. Pieri wurde schließlich von Vertretern der Landtags-Grünen und einem Stuttgarter Bürgermeister empfangen. Auch innerhalb der Regierungskoalition hatte es Kritik am Umgang mit der Entscheidung der Justiz und dem Überlebenden gegeben. Umso wichtiger, hieß es, sei die Geste Gaucks.