Im Ausland längst Normalität – in Deutschland ganz neu: In Frankfurt soll sich ein Lehrstuhl nun ausschließlich mit der Aufarbeitung des Massenmords an den Juden beschäftigen.

Frankfurt - Es gibt 187 Gedenkstätten, 110 Mahnmale, 48 Museen. 70 Jahre nach den Schrecken der Nationalsozialisten kann Deutschland auf ein breites Spektrum der Aufarbeitung blicken. Doch was bisher fehlte, ist ein Lehrstuhl für Holocaust-Forschung – also eine Professur, die sich nur mit den Verbrechen an Juden beschäftigt. Das ändert nun die Uni Frankfurt. Im Fachbereich Geschichte richtet sie die erste deutsche Holocaust-Professur ein.

 

„Ich war sehr überrascht, dass es im Land der Täter noch keine solche Professur gibt“, sagt Jutta Ebeling (Grüne). Der Fokus auf das Leid der Juden sei „ein ganz spezieller, wichtiger Fokus“. Die frühere Frankfurter Bürgermeisterin hat die Professur auf den Weg gebracht. Unterstützer fand sie in der seit Januar amtierenden Uni-Präsidentin Birgitta Wolff und dem hessischen Wissenschaftsminister Boris Rhein (CDU). Diese Professur sei ein sehr deutliches Signal, weit über die Landesgrenzen hinaus, sagte er der StZ. Der Minister sicherte der Universität die Finanzierung zu.

Im Ausland gibt es schon spezielle Lehrstühle

Die Professur ist verbunden mit dem Posten der Leitung des Fritz-Bauer-Instituts. Das nach dem jüdischen Generalstaatsanwalt und Initiator der Frankfurter Auschwitz-Prozesse benannte Institut forscht seit 1995 zum Holocaust. Dabei war es bisher zwar an die Uni angegliedert und hat auch seinen Sitz in deren Hauptgebäude, jedoch ohne Lehrstuhl. Durch den Weggang des bisherigen Direktors des Instituts, Raphael Gross, flammte die Diskussion nun neu auf.

Das Ausland ist Deutschland voraus, was Holocaust-Professuren angeht. Sie finden sich in den USA, Österreich, den Niederlanden, Schweden und Polen. Internationale Institute hätten in der Vergangenheit kritisiert, dass ein institutioneller Partner aus Deutschland fehle, berichtet Frank Bajohr. Er forscht am Zentrum für Holocaust-Studien in München. Dieses ist 2013 eingerichtet worden und beschäftigt sieben Wissenschaftler.

Man könne aber nicht davon sprechen, dass bisher nicht zum Holocaust geforscht wurde, betont Juliane Wetzel, Antisemitismusforscherin der TU Berlin. Die Bezeichnung „Holocaust-Professur“ sei nur ein anderer Name. Genau um diesen Namen geht es Ebeling. Denn er erkenne den besonderen Status jüdischer Opfer an.