Olaf Klemke, der Verteidiger von Ralf Wohlleben, ist ein guter Anwalt. So gut, dass der Vorsitzende Richter Götzl Respekt vor ihm hat. Mit Siegen in kleinen juristischen Scharmützeln glänzt Klemke bei seinen Kameraden.

Man muss es leider schreiben: Olaf Klemke, dieser Rechtsanwalt, der in der rechten Szene geschätzt wird und sich dort offenbar auch wohl fühlt, ist ein guter Strafverteidiger. Der Anwalt des Rechtsextremisten und mutmaßlichen NSU-Unterstützers Ralf Wohlleben ist so gut, dass Richter Manfred Götzl diese Woche auf Klemkes Antrag hin eine Entscheidung, die er getroffen hat, revidiert.

 

Götzl, dieser Virtuose der Strafprozessordnung, der weiß, dass er ein Virtuose ist und sich entsprechend benimmt, korrigiert sich. Das hat zwar keine Auswirkung auf den Ausgang des Prozesses, wird aber in die Münchner Justizgeschichte eingehen. Die Sache selbst ist nicht wichtig. Götzl hat einen Zeugen, der die Mordwaffe besorgt haben soll, belehrt, er müsse keine Fragen beantworten, mit denen er sich selbst belaste. Klemke hat diese Belehrung moniert.

Der Zeuge habe einen Anspruch auf eine generelle Zeugnisverweigerung, nicht nur das Recht, einzelne Fragen nicht beantworten zu müssen. Die Richter beraten, statt der angekündigten zehn Minuten eine halbe Stunde, und als sie zurückkommen, erklärt Götzl, weshalb dem Zeugen nun eben doch ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht zustehe – mit genau den Argumenten, die Klemke zuvor vorgetragen hatte. Es ging dem Richter, er machte es deutlich, darum, das Risiko zu vermeiden, dass sein Urteil wegen eines Formfehlers vom Bundesgerichtshof aufgehoben wird.

Klemke kann jetzt vor seinen Kameraden glänzen

Das Risiko ist gering, Karlsruhe wird keine Neigung haben, eine Wiederholung des Monsterprozesses zu erzwingen. Aber Götzl will jedes Risiko vermeiden. Und man merkt ihm an, er hat Respekt vor diesem Anwalt, mehr als vor vielen anderen in diesem Saal. Es ist bereits Klemkes zweiter Triumph an diesem Tag. Kurz zuvor hatte das Gericht auf dessen Antrag hin einen Vorfall protokolliert, der sich tags zuvor ereignet hatte. Ein Nebenklägeranwalt hatte Klemke bezichtigt, erneut gegen Berufspflichten verstoßen zu haben. Diese Behauptung, die dem Wahrheitsbeweis zugänglich und offenkundig falsch sei, sei eine Straftat der üblen Nachrede, argumentierte Klemke und forderte die Protokollierung, um eine Strafverfolgung zu ermöglichen. Die Richter versuchten zu schlichten – und gaben dann mit ihrer Protokollierung zu erkennen, dass sie den Vorfall genau so sehen wie Klemke. Der kann jetzt glänzen vor seinen Kameraden.

Im Gerichtssaal enthält er sich aller radikaler Parolen, argumentiert ruhig, entschieden, sachkundig und zupackend dort, wo sich ihm eine Chance bietet. Er lässt andere, insbesondere die Verteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe, blass aussehen. Es ist ein Trauerspiel für jeden Demokraten – aber juristisch gekonnt. Derweil wird es die Hauptangeklagte bereuen, aus der Haft heraus einem Gesinnungsgenossen in einer anderen Haftanstalt geschrieben zu haben. Ihr Brief enthielt zwar keinerlei Hinweise auf die in München angeklagten Taten. Die Zeitschrift „Stern“ hat aber diesen Brief von Sprachsachverständigen mit dem „Manifest des NSU“ vergleichen lassen, das in der zerstörten Wohnung des Terror-Trios gefunden worden war.

Gutachter sollen Zschäpes Verstrickung belegen

Bisher war unklar, wer die Autoren dieses zur Gewalt aufrufenden Pamphletes sind. Die Wissenschaftler glauben nun zu erkennen, dass Zschäpes prägnanter Stil sie als Mitautorin ausweist. Das soll nun durch vom Gericht bestellte Gutachter überprüft werden, fordern mehrere Nebenkläger. Zschäpe könnte dadurch näher als bisher beweisbar an die Mordtaten selbst herangerückt werden. Dies könnte eine Verurteilung wegen der angeklagten, aber umstrittenen Mittäterschaft und nicht nur wegen Beihilfe zu den zehn Morden etwas leichter machen.

Die Nebenklägervertreter sind sich freilich uneins. Einzelne bezweifeln, dass ein aussagekräftiges Gutachten auf der Basis der Dokumente überhaupt möglich ist. Sie fürchten, dass ein Zschäpe nicht belastendes Gutachten in der Gesamtbetrachtung dann eher positiv für sie wirken könnte. Aus einer Zeugenbefragung wurde bekannt, dass eine Frau aus dem Umfeld des NSU-Trios 2004 eine damals Minderjährige, die keinerlei Kontakt zur Szene hatte, auf der Straße dazu überredet hat, auf ihren Namen ein Handy und eine SIM-Karte zu kaufen. Telefon und Karte wurden sofort von der Frau übernommen. Das Handy wurde später in der Wohnung des Trios gefunden.