Tino Brandt sei „durch und durch rechtsextrem“ sagen Zeugen über den Ex-Verfassungsschutz-Spitzel. Beim NSU-Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht bekam man einen Eindruck von seinem Größenwahn – und vom Vorgehen der Ermittler.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Vorüber ist nun auch die Elfriede-Jelinek-Uraufführung „Das schweigende Mädchen“ vom Wochenende in den Münchner Kammerspielen, eine Beate-Zschäpe-Paraphrase, die von der Mehrzahl der Rezensenten als „Trauerarbeit“ oder „schwarze Messe“ empfunden wurde, die man sich am Ende gerne gefallen ließ. Ziemlich sicher waren die meisten Kritiker nie im Gerichtssaal an der Nymphenburger Straße, wo Ästhetisierung ein Fremdwort ist und bleibt. Hier gilt’s der Realität – und der Pfad dorthin ist steinig, grau, alles geht nur Schritt für Schritt, aber so muss es sein, eine Alternative gibt es nicht: 144. Tag im NSU-Prozess.

 

„Bei der Quelle Brandt musste man ständig auf der Bremse stehen“, sagt der V-Mann-Führer Reiner B., Ende der 90er Jahre beim Thüringer Verfassungsschutz für den Neonazi Tino Brandt zuständig, der später aufflog. Brandt sitzt derzeit in Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Zuhälterei mit minderjährigen Männern. Er ist in der rechten Szene nicht nur deswegen Persona non grata.

Brandt bekam vom Verfassungsschutz viel Geld

Seinem Größenwahn hat das, wie seine Vernehmung vor dem Münchner Oberlandesgericht beim NSU-Prozess in der letzten Woche gezeigt hat, keinen Abbruch getan: Er ist ein Extremist, hält den NSU-Prozess für „einen Schauprozess“ und glaubt nicht an die Morde des NSU. Er war und bleibt, wie sein ehemaliger V-Mann-Führer Reiner B. sagt, „rechtsextrem durch und durch“. Gleichwohl hatte B. damals und erst recht heute das Gefühl, dass „wir“ – und „wir“ ist der Staat – ihn im Griff hatten“, obwohl sich Brandt ständig „als großer Zampano der Szene“ gerierte. Brandt bekam vom Verfassungsschutz viel Geld. Wie muss man sich das alles vorstellen?

In aller Regel, sagt B., habe er Brandt, „die Quelle“, ein- bis zweimal die Woche getroffen, Telefonkontakt war fast ständig möglich. Nach den Treffen, der Zeitraum ist Mitte 1994 bis Mitte 1998, wurden Vermerke angelegt; B. konnte sie kürzlich einsehen: „Das hat mich nicht mehr so erreicht wie vor 16 Jahren“, sagt er. Auch nach der Enttarnung Brandts habe ihn dessen Schicksal nicht groß gekümmert, B. hat kaum Erinnerungen, er habe seine Arbeit gemacht: den sogenannten Thüringer Heimatschutz und dessen Topmann zu beobachten, ihn zu alimentieren und Informationen über die Szene weiterzugeben.