Bleiben türkische Medien aus dem Gerichtssaal ausgesperrt? Auch die Bundesregierung reagiert mit Unverständnis auf das Verhalten der Münchener Richter. Der Deutsche Anwaltsverein zeigt einen Ausweg auf.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Die türkische Zeitung „Hürriyet“ darf nicht einmal mit einer geliehenen Platzkarte über den NSU-Prozess berichten. So streng wacht das Oberlandesgericht München über den ordnungsgemäßen Zugang zu der spektakulären Verhandlung. Medien aus der Türkei waren dabei nicht zum Zuge gekommen. Daraufhin hatte ein deutsches Boulevardblatt angeboten, „Hürriyet“ seinen Reporterplatz zu überlassen. Dies haben die Richter aber untersagt. „Wir können nicht im Nachhinein die Akkreditierungsbedingungen ändern“, erklärte OLG-Sprecherin Margarete Nötzel.

 

Der Unmut ob dieses Mangels an Diplomatie ist groß – auch im Kanzleramt. Offiziell verweist die Regierung auf die Unabhängigkeit der Justiz, die es zu respektieren gelte. Angela Merkels Sprecher Steffen Seibert fügt aber hinzu, seine Chefin habe „großes Verständnis, dass es in der Türkei ein so großes Medieninteresse gibt, schließlich stammten die meisten der Opfer dieser schrecklichen Mordserie aus der Türkei“.

Die Bundeskanzlerin hege immer noch die „Hoffung, dass mit diesem Medieninteresse auch sensibel umgegangen wird“. Maria Böhmer, die für Integrationspolitik zuständige Staatsministerin im Kanzleramt, bekundet „großes Unverständnis“ für das Verhalten der Münchner Richter. „In diesem Fall schaut die ganze Welt auf Deutschland“, sagt Böhmer. Bei Prozessen mit ähnlich großem Medieninteresse sei es in der Vergangenheit möglich gewesen, angemessene Lösungen zu finden. „Umso mehr stellt sich die Frage, warum dies beim anstehenden NSU_Prozess nicht möglich sein sollte.“