Beim NSU-Prozess hat am Mittwoch ein früherer Chemnitzer Neonazi ausgesagt und bestritten, von den untergetauchten mutmaßlichen NSU-Terroristen gewusst zu haben. Allerdings wurde sein Ausweis in der ausgebrannten Fluchtwohnung des Trios gefunden.

München - Ein ehemaliges Mitglied der Chemnitzer Neonazi-Szene hat am Mittwoch im NSU-Prozess bestritten, die Angeklagten um Beate Zschäpe zu kennen oder das mutmaßliche Terrortrio bei seiner Flucht unterstützt zu haben. Allerdings räumte er ein, die Anführer der Chemnitzer Szene zu kennen. An seinen Spitznamen - „SS-Ralle“ - erinnerte er sich erst nach einem Vorhalt.

 

Die Chemnitzer Szene soll dem Trio 1998 beim Abtauchen in den Untergrund geholfen haben. Die Anklage wirft dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ in dem Münchner Verfahren zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge vor, die es in den Jahren danach verübt haben soll.

Der Zeuge war den Ermittlern aufgefallen, weil sein Ausweis in der ausgebrannten Fluchtwohnung des Trios in Zwickau gefunden wurde. Außerdem hatte er noch bis 2011 SMS-Kontakt mit dem mitangeklagten André E., wie aus Akten hervorging.

Offen blieb, ob der Zeuge daran beteiligt war, Ausrüstungsgegenstände für das Trio zu beschaffen, darunter Reizgas und ein Nachtsichtgerät. Diese Dinge waren auf seinen Namen bestellt und in eine offenbar nur für diesen Zweck auf seinen Namen gemietete Wohnung in Chemnitz geschickt worden. Sie waren aber nie bezahlt worden, ebenso wenig wie die Wohnungsmiete.

Der Zeuge behauptete, Unbekannte müssten dafür seine Identität verwendet haben. Er habe entweder beim Besuch eines Einkaufszentrums oder nach einem Gelage mit Gesinnungsgenossen seine Geldbörse mit dem Ausweis verloren. Genau wisse er das nicht mehr. Den Verlust habe er sofort bei der Meldebehörde angezeigt.

Nebenkläger und Verteidiger streiten

Offen blieb auch, ob er dabei half, das untergetauchte Trio zu verstecken. Er erinnere sich, dass einer der Szene-Anführer ihn einmal spät am Abend bei einem Treffen in der Stadtmitte gefragt habe, ob er jemanden „für ein paar Tage“ zur Untermiete aufnehmen könne. Es seien zwei Männer dabei gewesen, deren Köpfe in Kapuzen gehüllt gewesen seien und die er nicht erkannt habe. Er habe später vermutet, dass es Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gewesen sein könnten. Dass Mundlos 1994 von Polizisten vor seinem damaligen Wohnhaus in Chemnitz aufgegriffen wurde, bezeichnete der Zeuge als „Zufall“.

Er behauptete überdies, nie Mitglied einer Organisation gewesen zu sein. Erst auf Vorhalt räumte er ein, dass er „Schriftführer“ einer Gruppe namens „Heimatschutz Chemnitz“ war. Die habe sich aber nur mit „Hochwasserhilfe, Ausflügen und Kinderfesten“ beschäftigt. Ein Vermerk des Verfassungsschutzes wertete den Verein als rechtsextrem.

Überlagert wurde die Verhandlung von einem längeren Streit zwischen Nebenklägern und den Verteidigern von Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben. Er entzündete sich daran, dass Opferanwalt Mehmet Daimagüler den Zeugen nach den Namen aller zehn Mordopfer fragte und wissen wollte, ob er sie kenne. Die Verteidiger beanstandeten die Fragen mehrmals. Das Gericht wies die Einsprüche am Ende zurück.