In ihrer Aussage im NSU-Prozess hat Beate Zschäpe bestritten, an den zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen des NSU beteiligt gewesen zu sein. Auch eine Mitgliedschaft bei der Terrorgruppe stritt Zschäpe ab und wandte sich an die Angehörigen der Opfer.

München - Die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe hat ihr mehr als zweieinhalbjähriges Schweigen im Münchner NSU-Prozess gebrochen. Ihr Anwalt Mathias Grasel verlas am Mittwochvormittag eine Aussage der Hauptangeklagten.

 

Zschäpe bestritt, an den NSU-Morden im Jahr 2001 beteiligt gewesen zu sein. Ihre Freunde Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hätten sie nicht darüber informiert. Als sie hinterher davon erfahren habe, sei sie sprachlos und fassungslos gewesen. Zudem ließ sie Anwalt Mathias Grasel verlesen: „Ich weise den Vorwurf der Anklage, ich sei ein Mitglied einer terroristischen Vereinigung namens NSU gewesen, zurück."

Zschäpe entschuldigt sich

Die Opfer der Terrorgruppe NSU bat Zschäpe um Entschuldigung. „Ich entschuldige mich aufrichtig bei allen Opfern und allen Angehörigen der Opfer der von Mundlos und Böhnhardt begangenen Straftaten“, hieß es in ihrer Erklärung.

Gestanden hat Zschäpe, die letzte Fluchtwohnung der Terrorgruppe NSU in Zwickau in Brand gesteckt zu haben. Im Radio habe sie im November 2011 davon erfahren, dass ein Wohnmobil mit zwei Leichen entdeckt worden war. Sie sei sich sofort sicher gewesen, dass es sich um ihre beiden Freunde Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gehandelt habe. Vor der Brandstiftung sei sie durchs Haus gegangen, um sicherzustellen, dass sich niemand mehr darin befinde.

Beziehung zu Böhnhardt und Mundlos

Zu Beginn der Aussage hatte sie sich an ihre Kindheit in der damaligen DDR erinnert. In der Aussage berichtete sie von Alkoholproblemen und Streitigkeiten mit ihrer Mutter. Von der Mutter habe sie so gut wie kein Geld bekommen, so dass sie sich an kleineren Diebstählen habe beteiligten müssen.

Im Anschluss war ihre Beziehung zu den beiden anderen mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt Thema. In der Aussage heißt es: An ihrem 19. Geburtstag habe sie Böhnhardt kennengelernt. Sie habe sich in ihn verliebt, sei aber noch mit Mundlos zusammen gewesen. Kurz nach Mundlos’ Wehrdienst hätten sie sich getrennt. Anschließend sei sie eine Beziehung mit Böhnhardt eingegangen. So sei sie stärker in Kontakt zu Böhnhardts Freunden gekommen, die nationalistischer eingestellt gewesen seien als die von Mundlos.

Von Banküberfall gewusst, aber nicht beteiligt

Vom ersten Raubüberfall ihrer Freunde Mundlos und Böhnhardt gestand sie gewusst zu haben. Sie sei aber weder an der Vorbereitung noch an der Durchführung beteiligt gewesen. In der Aussage heißt es: Nach ihrem Untertauchen hätten die drei Ende 1998 in ständiger Angst gelebt, entdeckt zu werden. Das Geld sei ihnen ausgegangen. Böhnhardt habe daher vorgeschlagen, einen Bankraub in Chemnitz zu begehen.

Zschäpe hatte nach eigenen Angaben zu viel Angst, sich daran zu beteiligen. „Sie wollten mich ganz bewusst nicht dabei haben.“ Mundlos und Böhnhardt hätten ihr zuvor auch nichts von Rohrbomben und Sprengstoff erzählt, mit denen sie hantierten.

Zschäpe lässt sich fotografieren

Zschäpe ließ sich zu Beginn der Verhandlung erstmals bereitwillig fotografieren. Kurz vor ihrer mit Spannung erwarteten Aussage wandte sie sich am Mittwochmorgen nicht - wie sonst - von den Kameras weg; sie lächelte.

Zschäpe will auch Fragen beantworten - aber nur des Gerichts und nur schriftlich und erst später. Grasel hat den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl um einen schriftlichen Fragenkatalog gebeten.

Auch Zschäpes neuer Anwalt Hermann Borchert nahm erstmals an einer NSU-Verhandlung teil. Er reichte den anderen Anwälten Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm im Oberlandesgericht München die Hand - ebenso seinem Kanzleipartner Mathias Grasel, der bereits seit dem Sommer Zschäpes vierter Pflichtverteidiger ist. Zschäpe hat beantragt, Borchert als weiteren Pflichtverteidiger zu bekommen. Derzeit ist er als Wahlverteidiger tätig.

Zschäpe muss sich als Mittäterin an sämtlichen Verbrechen verantworten, die dem NSU angelastet werden. Seit Prozessbeginn im Mai 2013 hatte sie beharrlich geschwiegen.

Lange Schlangen vor Beginn

Bereits Stunden vor Beginn der Verhandlung warteten die ersten Besucher am frühen Morgen vor dem Eingang des Oberlandesgerichts. Es bildete sich eine Schlange von rund 150 Wartenden. Im Sitzungssaal 101 des Oberlandesgerichts ist allerdings nur Platz für rund 50 Zuschauer und 50 Journalisten.

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