Das Theater Rampe zeigt das NSU-Stück „Unter Drei – Beate, Uwe und Uwe“ von Olivia Wenzel und Mareike Mikat in Stuttgart. Die Premiere hat Mareike Mikat inszeniert.

Stuttgart - Schon verrückt. Die der Beteiligung an mehreren Morden angeklagte Beate Zschäpe sitzt in München in U-Haft, und zur selben Zeit steht Andrej Kaminsky auf der Bühne der Rampe und spielt eben jene Neonazi-Terroristin. Aber was heißt das, sie spielen? Kaminsky spricht zu Beginn, ohne Zschäpe zu mimen, gleich Tacheles ad spectatores.

 

Die Zuschauer wollten sich gewiss zurücklehnen und gemütlich den Neonazis zuschauen, deren wahnsinnige Taten auf dem Theater in verdaulichen Häppchen serviert würden. Daraus werde nichts, sagt Kaminsky. Wahrheit und Fiktion würden an diesem Abend eine Mixtur bilden. Irritation Nummer eins: Der Zschäpe-Darsteller hat eine klare, sympathische Ausstrahlung, und damit beginnen schon die Verfremdungen und Kontraste, mit denen „Unter Drei – Beate, Uwe und Uwe“ aufwartet. Jetzt hatte das Stück von Olivia Wenzel und Mareike Mikat Premiere (Inszenierung: Mareike Mikat). Die Zuschauer sitzen einander gegenüber, ganz nah an der Neonazi-WG, die wechselweise auf der Couch oder am Küchentisch sitzt. Über dem Publikum hängen Tücher mit eingehäkelten Gruselsprüchen, etwa „Mitgegangen, mitgehangen“ (Ausstattung: Marie Roth).

Die Figuren strahlen etwas Lächerliches aus

Irritation Nummer zwei: Beate Zschäpe wird von einem Mann gespielt, und zwei Frauen spielen Zschäpes Kumpane Uwe Böhnhardt (Gina Henkel) und Uwe Mundlos (Eva Bay). Und es geht weiter mit den Verfremdungen. Die drei Neu-Nationalsozialisten tragen Jogginghosen, Kapuzenjäckchen und Strümpfe (keine Schuhe), alles in Weiß. Ein simples Bild der Unschuld, das hübsch mit dem nationalistischen Geschwafel der beiden Uwes kontrastiert. Von „Sieg oder Tod“ ist da die Rede. Und wieder wird etwas dagegengesetzt: „Wir kaufen Produkte aus der Region“, behauptet einer der Uwes. Etwas Kleines und Lächerliches strahlen diese Figuren aus.

„Unter Drei“ spielt mit Klischees. In der WG wird in gruseliger Nazi-Sprache gewettert, die Uwes loben Beates Kochkünste, und unterm Küchentisch kuscheln weißbestrumpfte Füße miteinander. In diesem Stück geht es auch darum, wie die schrecklichen Mordtaten medial verarbeitet werden. Andrey Kaminski spuckt Zeitungs-Textbalken aus: „Nazibraut besucht Oma“, oder „Wer einen Döner aß, wurde ausgepeitscht“. Die Ermordeten erscheinen als Schattengestalten hinter Papierwänden. So gewinnt die Schrecklichkeit, eine sehr klare Präsenz. Wie absurd die Taten der Mörder waren, wird deutlich, wenn die Toten überlegen, ob sie nicht ihrerseits mörderisch gegen die Neonazis losziehen könnten. „Unter Drei“ schlägt sich intelligent und provokant mit einem unfassbaren Geschehen herum. Sehenswert.