Was treibt einen Polizisten zum Ku-Klux-Klan? Er sagt: Interessante Vorträge über das Christentum. Bleibt die Frage, ob ihm die Abgeordneten des NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags in Stuttgart das abnehmen werden.

Stuttgart - Die Kutten kamen aus den USA, um die 50 Euro sollen sie gekostet haben, und der Titel, mit dem sich Steffen B. beim Ku-Klux-Klan (KKK) seinerzeit schmückte, war ebenfalls dem großen Vorbild jenseits des Atlantiks abgeschaut: Grand Knighthawk. Damit füllte der heute 39-Jährige aus Schwäbisch Hall die Funktion des KKK-Sicherheitsbeauftragten aus. Er sollte darauf achten, dass die Kuttentruppe nicht gestört wurde, wenn sie sich mal wieder in Burgverliesen oder auch nur im Keller von Achim Schmid trafen, dem Anführer des European White Knights of the Ku-Klux-Klan (EWK KKK). Knapp 20 Personen werden der Rassistengruppierung zugerechnet.

 

Achim Schmid hat sich inzwischen von seiner rechtsradikalen Vergangenheit zumindest nach außen hin distanziert. Er lebt in den Vereinigten Staaten, strebt die US-Staatsbürgerschaft an und kann deshalb nach eigenen Angaben das Land derzeit nicht verlassen. Die Vernehmung durch den NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags soll deshalb demnächst per Videoschaltung bewerkstelligt werden. Statt seiner tritt Steffen B. am Montag vor den Ausschuss. Die Hände ineinander gelegt, den Blick zur Decke gerichtet, maulfaul. So sitzt er vor den Abgeordneten, eine schwere, zottelbärtige Gestalt. „Man war halt jung“, sagt er zu seinem Treiben bei den Kapuzenträgern und später bei der NPD. „Man“ habe sich aber nicht groß was zu Schulden kommen lassen. Mit den Leuten vom Ku-Klux-Klan verhielt es sich laut Steffen B. so: Wenn es „menschlich gepasst“ hat, dann war man willkommen.

Absichtsvolles Verschweigen

Im Plenarsaal liegt an diesem Tag der Dunst der Lüge – oder jedenfalls des absichtsvolles Verschweigens. Alles ist ja schon so lange her, puh. Da fällt das Erinnern schwer. Aber weshalb Mitglied werden ausgerechnet beim Ku-Klux-Klan? Schwere Frage, findet der Polizeihauptmeister Jörg W., der 2001/2002 Klanmitglied war. Er war über einen Kollegen an die Truppe geraten. Dessen Bruder war eben Steffen B., der Knighthawk. Auch der Polizist Jörg W. lässt in Körperhaltung und mangelnder Aussagebereitschaft erkennen, dass er sich durch die Abgeordneten eher belästigt fühlt. Er habe überhaupt „keine Motivation“ zu dem Auftritt vor dem Ausschuss, sagt er patzig. „Ich bin schon so oft befragt worden.“ Zu seiner Mitgliedschaft bei den Kapuzenträgern weiß er im Kern nur beizutragen, dass sie blöd war.

Was aber außer einer rassistischen Einstellung treibt einen Menschen zum Klan? Nun ja, windet sich der Polizist Jörg W. vor dem Ausschuss, der Klanchef Achim Schmid habe sehr interessante Vorträge über das Christentum gehalten. Das Aufnahmeritual allerdings sei schon etwas merkwürdig gewesen: mit verbundenen Augen in die Runde der Kuttenträger geführt zu werden und einen Blutschwur zu leisten, der aus einem Fingerabdruck mit dem eigenen Blut bestand. Der Grünen-Abgeordnete Jürgen Filius hält dem Polizisten ein Flugblatt vor, das KKK-Chef Achim Schmid verfasst haben soll. Es zeigt einen dunkelhäutigen Mann und eine weiße Frau. „Rassenvermischung? Nein danke“, steht darauf. Der Polizist bestätigt, das Plakat zu kennen. In welcher Weise das Flugblatt mit dem Christentum zu vereinbaren sein soll oder mit dem Artikel drei des Grundgesetzes, der eine Benachteiligung wegen der Hautfarbe verbietet, das weiß er nicht zu sagen. Neben Jörg W. war auch dessen Kollege Timo H. beim Ku-Klux-Klan. Timo H. war Bereitschaftspolizist in Böblingen wie auch die in Heilbronn ermordete Polizistin Michèle Kiesewetter.