Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags schließt am Donnerstag nach knapp 19 Monaten seine Nachforschungen ab. Doch schon jetzt ist klar: das Versagen der Sicherheitsbehörden war beispiellos.

Berlin - Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags schließt an diesem Donnerstag seine Nachforschungen zu einer der schlimmsten Mord- und Anschlagsserien in der Geschichte der Bundesrepublik ab. Über einen Zeitraum von mehr als einem Jahrzehnt konnten die Rechtsterroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Deutschland untertauchen, unerkannt morden, Anschläge verüben und Banken ausrauben. Die Mitglieder des Ausschusses werden einen gemeinsamen Abschlussbericht vorlegen und Empfehlungen aussprechen. Doch schon jetzt ist klar: das Versagen der Sicherheitsbehörden war beispiellos.

 

Zehn Opfer sind zu beklagen, neun Kleinunternehmer ausländischer Herkunft und die Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter. Nur durch Zufall wurde die Mordserie aufgedeckt, weil Ermittler und Verfassungsschützer bundesweit sich katastrophal schlecht abgestimmt und außerdem strikt geweigert hatten, rassistischen Tatmotiven konsequent nachzugehen. Stattdessen wurde lange Zeit die These favorisiert, die Taten seien der Organisierten Kriminalität zuzuordnen. Auch Spitzenpolitiker äußerten sich ohne ausreichende Indizien in dieser Weise. Dies machte die Angehörigen der Ermordeten ein zweites Mal zu Opfern.

Ausschuss von allen Fraktionen eingesetzt

Das bis dahin kaum für möglich gehaltene Ausmaß des rechten Terrors und die schon unmittelbar nach der Aufdeckung erkennbaren haarsträubenden Ermittlungspannen einten die im Bundestag vertretenen Parteien, in dieser Frage gemeinsam die Aufklärung voranzutreiben. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik wurde ein solcher Ausschuss, sonst eigentlich ein probates Kampfmittel der Opposition, auf der Grundlage eines gemeinsamen Antrags aller Fraktionen im Januar 2012 eingesetzt.

In zähen Verhandlungen zwangen die Abgeordneten mauernde Behörden und unwillige Spitzenbeamte zur Kooperation. Akten wurden verspätet zugesandt oder gar geschreddert, weil der Datenschutz angeblich die Vernichtung vorgeschrieben habe. Erst spät erließ das Bundesinnenministerium ein Moratorium, das verhindern sollte, dass Dokumente im Reißwolf landen. Knapp 19 Monate später werden die Ergebnisse jetzt, auf rund 1000 Seiten zusammengefasst, vorgestellt.

Die SPD prescht mit Attacken gegen den Innenminister vor

Die Mitglieder des Ausschusses hatten eigentlich vereinbart, sich nicht vor dem Veröffentlichungstermin mit konkreten Bewertungen zu Wort zu melden oder gar den Bericht zur Veröffentlichung frei zu geben. Auch der vorläufige Abschluss des Verfahrens sollte als Signal der Einigkeit aller Demokraten Wirkung entfalten. Dies wird nur noch bedingt gelingen. Die SPD hat, zur Verärgerung anderer Mitglieder des Ausschusses. schon vor der Veröffentlichung den Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) scharf attackiert und ihr Sondervotum vorgestellt. Der Minister traue sich nicht an „einschneidende Maßnahmen“ beim Bundesamt für Verfassungsschutz nicht heran, sagte die SPD-Obfrau im Ausschuss, Eva Högl. Bereits begonnene Maßnahmen reichten „bei weitem nicht aus“, steht im Einzelvotum der SPD. So müsse die Rechtsextremismus-Abteilung des Bundesamtes für Verfassungsschutz von Köln nach Berlin verlagert werden. Die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes und das zivilgesellschaftliche Engagement gegen Rechts müssten gestärkt werden. Dazu gehört nach Ansicht der SPD auch die Streichung der Extremismusklausel, die Initiativen gegen Rechts abverlangt, sich zur demokratischen Grundordnung zu bekennen. Auch die Aus- und Fortbildung der Polizeibehörden müsse verbessert und stärker auf interkulturelle Belange abgestellt werden.

Zu erwarten ist, dass die Linke in ihrem Sondervotum abermals die Auflösung des Verfassungsschutzes und die Grünen zumindest die Abschaffung der V-Leute fordern werden. Einig waren sich aber zuletzt alle Fraktionen, dass wenigstens die Regeln zur Führung der V-Leute verschärft werden müssten.