Besonders im Mordfall Kiesewetter gibt es zum Ende des NSU-U-Ausschusses in Baden-Württemberg noch einige offene Fragen, findet CDU-Innenexperte Clemens Binninger.

Stuttgart - Zum Ende des NSU-Untersuchungsausschusses in Baden-Württemberg sieht der CDU-Innenexperte Clemens Binninger weiterhin offene Fragen. Sie beträfen vor allem den Mord an der Polizistin Kiesewetter in Heilbronn, sagte Binninger der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben zum Beispiel Unklarheiten bei den Kommunikationsdaten von Michèle Kiesewetter. Und es gibt anonyme DNA am Tatort und an einer Tatwaffe, die bis heute nicht zuzuordnen ist.“ Dem NSU-Ausschuss in Stuttgart sei es aber in kurzer Zeit gelungen, eine große Zahl von Zeugen zu vernehmen. „Wir werden im Bundestag auf die Erkenntnisse dieses Ausschusses aufbauen“, sagte Binninger, der Chef des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses in Berlin ist. Der Bundestagsabgeordnete erinnerte daran, dass es enge persönliche Verflechtungen zwischen den rechten Szenen in Thüringen, Sachsen und der Region Stuttgart gegeben habe.

 

„Die spannende Frage ist: Was wurde aus diesen Verflechtungen?“ Schließlich hätten noch Kontakte des NSU nach Baden-Württemberg existiert, als das Trio bereits zwei Jahre untergetaucht gewesen sei. Auch die Verflechtungen zwischen der organisierten Kriminalität und der rechten Szene müssten genauer untersucht werden, sagte er mit Blick auf den Kiesewetter-Mord. Die Bundesanwaltschaft hält die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt für die alleinigen Täter. Es gibt aber Vermutungen, dass sie Helfer aus dem kriminellen Milieu gehabt haben könnten. Die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe hatte ausgesagt, es sei ihren Freunden Mundlos und Böhnhardt bei der Tat darum gegangen, an die Dienstwaffen der Polizisten zu kommen. Der Ausschuss in Stuttgart will seinen Abschlussbericht spätestens am 15. Januar vorlegen. Er untersucht die Bezüge des rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) zum Südwesten.

Fünf Ausschüsse in fünf Bundesländern

Dem NSU werden zehn Morde zugerechnet - an neun Migranten und an der Polizistin Kiesewetter 2007 in Heilbronn. Die vier Landtagsfraktionen haben erklärt, nach der Landtagswahl einen neuen Untersuchungsausschuss einrichten zu wollen, da wegen Zeitmangels nicht alle Themenkomplexe ausreichend behandelt werden konnten. „Die Ausschussmitglieder haben selber gemerkt, dass der Ausschuss viel zu spät begonnen hat“, sagte Binninger. „Das Experiment einer Enquete-Kommission hat viel Zeit gekostet und nichts gebracht. Am Ende hat diese Zeit gefehlt.“

Der Landtag hatte die Enquete zunächst eingesetzt, weil sich vor allem die SPD gegen einen U-Ausschuss gesträubt hatte. Die Enquete verlor sich dann aber im Streit. Befragt zur inhaltlichen Arbeit des dann folgenden Stuttgarter Untersuchungsausschusses sagte Binninger: „Punktuell hätte ich den einen oder anderen Zeugen etwas länger und detaillierter befragt.“ Derzeit laufen fünf NSU-Ausschüsse in den Ländern - in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen. „Wir werden uns die Ergebnisse dieser Ausschüsse genau ansehen, um keine Doppelarbeit zu machen“, sagte Binninger mit Blick auf den zweiten Bundestagsausschuss. Ansetzen werde man dort, wo die Kollegen in den Ländern nicht weiter gekommen seien oder zu früh hätten aufhören müssen. „Dabei wird auch der Fall Heilbronn eine Rolle spielen - in welchem konkreten Ausmaß, kann ich aber noch nicht sagen.“ Die Aussage Zschäpes vor dem Oberlandesgericht in München habe keinen neuen Erkenntnisgewinn gebracht. „Ihre Aussage hat deshalb für die Schwerpunkte unserer Arbeit im zweiten NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags keine Relevanz.“