Eine Mehrheit des Kreistags spricht sich im zweiten Anlauf für die Wiedereinführung des NT-Schildes aus. Für viele Kreisräte ist das Thema ein Randthema. Der Landrat vermutet auf Seiten der Nürtinger einen Minderwertigkeitskomplex.

Nürtingen - Autos mit den Kennzeichen LEO, BK und VAI sieht man bereits seit längerer Zeit auf den Straßen. Neben Leonbergern, Vaihingern und Backnangern können nun auch Nürtinger Autofahrer auf ihr Alt-Kennzeichen umsteigen. Eine Mehrheit des Esslinger Kreistags hat am Mittwoch die Wiedereinführung von NT beschlossen.

 

„Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir den glühenden Verfechtern der Wiedereinführung nicht im Wege stehen wollen, und werden deshalb mehrheitlich für die Wiedereinführung stimmen“, hatte etwa der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Bernhard Richter, vor der Abstimmung in seiner Rede erklärt.

Trend hin zum lebenslangen Kennzeichen

Damit gibt es für den Kreis neben ES künftig eine zweite Buchstabenkombination. Wer im Kreis Esslingen lebt, hat damit Wahlfreiheit. Auch wer beispielsweise in Baltmannsweiler wohnt, könnte mit NT fahren. Vor knapp zwei Jahren hatte der Kreistag die Wiedereinführung noch mit großer Mehrheit abgelehnt. Zu dem Stimmungsumschwung mit beigetragen hat der Umstand, dass vom 1. Januar an innerhalb Deutschlands bei einem Wohnsitzwechsel in einen anderen Zulassungsbereich das bisherige Kennzeichen mitgenommen werden kann. Über diese Änderung des Kennzeichenrechts sollen Autofahrer die Chance erhalten, ihre Verbundenheit mit einer Region auch durch das Nummernschild zum Ausdruck zu bringen. Der Trend gehe somit hin zu einem „lebenslangen Kennzeichen“, sagte der Landrat Heinz Eininger.

Das Kennzeichen als Identifikationsmöglichkeit – dieses Argument hatte auch die Stadt Nürtingen in der Debatte stets ins Feld geführt. Hartnäckig hielt der Oberbürgermeister Otmar Heirich an dem Vorhaben fest, das Eininger aber kritisch betrachtet. Er finde es „erstaunlich, dass Nürtingen das alte Kennzeichen zur Identitätsstiftung braucht. Das zeugt nicht gerade von Selbstbewusstsein“, sagte am Mittwoch der Landrat. Eininger sieht die Gefahr eines Rückfalls in die Zeit vor der Kreisreform von 1973. „Dem Landkreis Nürtingen nachzutrauern, liegt den Bürgern fern“, beruhigte hingegen der Nürtinger Kreisrat Michael Medla (SPD).

Mehreinnahmen durch Kennzeichenwechsel

Zwar rechnet Eininger in der Anfangsphase mit einem erhöhten Verwaltungs- und Personalaufwand. Dieser lasse sich jedoch durch die Verwaltungsgebühren wohl mehr als ausgleichen. Im Kreis Böblingen beispielsweise beliefen sich die Einnahmen durch die Kennzeichenwechsel auf rund 60 000 Euro, erklärte Eininger.

Der Bundesrat hat vor zwei Jahren die rechtlichen Voraussetzungen für die Wiedereinführung von Alt-Kennzeichen geschaffen. In Baden-Württemberg sind mittlerweile 13 von 29 möglichen Alt-Kennzeichen wieder eingeführt worden.

Fünf Prozent Wechsler im Kreis Böblingen

Außer Nürtingen haben bisher keine anderen Kreiskommunen Interesse an NT bekundet. Wie hoch der tatsächliche Bedarf an einem Kennzeichenwechsel ist, lässt sich bei einem Blick über die Kreisgrenze ahnen: Beim Landratsamt in Böblingen sind aktuell 14 353 Fahrzeuge mit LEO-Kennzeichen angemeldet.

Insgesamt sind im Kreis Böblingen rund 280 000 Fahrzeuge registriert, 70 000 davon im Gebiet des Altkreises Leonberg. 7821 Fahrzeuge mit BK-Kennzeichen gibt es derzeit im Rems-Murr-Kreis. Hinzu kommen 2579 Reservierungen. Und im Kreis Ludwigsburg wurden bisher 1664 VAI-Kennzeichen ausgegeben.