Der „Denk Ort“ erinnert an das Schicksal des im KZ Theresienstadt gestorbenen Josef Herrmann.

Nürtingen - Josef Hermann war Viehhändler in Nürtingen. Dass er neben anderen Honoratioren wie Fabrikanten, Bankiers oder Beamte ebenfalls Mitglied im Liederkranz und sogar im Aufsichtsrat der Handwerkerbank, der heutigen Volksbank, war, zeugt von seiner gesellschaftlichen Bedeutung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das große Ansehen entzog Josef Hermann, den Bürger jüdischen Glaubens, jedoch nicht den Fängen der Nazis.

 

Manuel Werner von der Gedenkinitiative für die Opfer und Leidtragenden des Nationalsozialismus in Nürtingen hat das Schicksal Josef Herrmanns recherchiert. In der Vitrine des „Denk Orts“ bei der Kreuzkirche ist nun das Leben und Leiden des Mannes, der 1896 ein eigenes Viehhandelsgeschäft in der Laiblinstegstraße eröffnet hatte, dokumentiert.

Das Klima wird für jüdische Bürger immer rauer

Nach dem Tod seiner Frau Frieda zog der Ruheständler Josef Herrmann 1936 vom Neckar nach Ravensburg zu seiner ältesten Tochter. Danach besuchte er noch mehrfach seine alte Heimat. Dabei merkte er, wie das gesellschaftliche Klima gegenüber Juden kälter wurde.

Manuel Werner zitiert die Zeitzeugin Luise Fischer: „Wissen Sie, er ist dann hier noch rumgelaufen in Nürtingen. Aber können Sie so einen Mann verstecken? Sie haben ja nie gewusst, wer da aufpasst. Also, da hat er mir leid getan, als er da noch da war.“ Vom Sommer 1939 an lebte Josef Herrmann dann im jüdischen Altersheim Herrlingen. Aber auch dort wurde die Situation der Bewohner bedrohlich.

Die genauen Todesumstände sind bis heute nicht geklärt

Das Heim war dem dortigen Bürgermeister Alfons Brielmaier den Recherchen Manuel Werners zufolge ein Dorn im Auge. Demnach fand der Schultes, dass „die alten Juden, welche den Weltkrieg und den Zusammenbruch Deutschlands 1918 mit verschuldet haben, nicht zum Lohn dafür als Ruhesitz fürs Alter einen der sonnigsten, landschaftlich hervorragendsten Plätze vor den Toren Ulms erhalten sollten. Die alten Juden sollen büßen für die Verbrechen der Talmud-Lehre. Barackenlager in der sumpfigsten Gegend wären für die alten Juden gerade gut genug; je bälder sie absterben würden, umso besser.“

Über mehrere Stationen wird Josef Herrmann schließlich von den Nazis nach Theresienstadt verschleppt. In dem Konzentrationslager kommt er am 26. September 1942 ums Leben. Unter welchen genauen Umständen, das ist bis heute ungeklärt.

Opfer bekommen einen Namen

Denk Ort
An der Gedenkstätte informiert die Stadt Nürtingen über das Schicksal von Menschen, die unter dem Nationalsozialismus gelitten haben. Das Ziel ist es, im Wechsel den verschiedenen Opfern, die aus Nürtingen stammten, einen Namen zu geben.

Idee
Der Vorschlag zu solch einem „Denk Ort“ stammt von der Nürtinger Gedenkinitiative. Auf ihrer Homepage haben sie Einzelschicksale veröffentlicht, die stellvertretend für viele namenlos gebliebene NS-Opfer stehen. Das Schicksal von Josef Herrmann ist das bisher siebte am „Denk Ort“ vorgestellte.