Einem 50-Jährigen aus Nürtingen wird vor dem Landgericht Stuttgart vorgeworfen, seine eigene Wohnung in Brand gesteckt zu haben. Unmittelbar nach der Tat versuchte der psychisch kranke Mann, sich das Leben zu nehmen.

Nürtingen - Der Angeklagte redet nicht drum herum, er beschönigt nichts und schildert die von ihm begangene Tat, ohne sich selbst zu schonen. Der Vorwurf vor der 17. Großen Strafkammer des Landgerichts Stuttgart wiegt allerdings schwer. Der 50-Jährige soll am 9. Januar in Nürtingen gegen 12.40 Uhr seine Wohnung absichtlich in Brand gesteckt haben. Sie brannte völlig aus, es entstand ein Schaden in Höhe von rund 150 000 Euro.

 

Danach begab sich der 50-Jährige in ein gegenüberliegendes, von ihm betriebenes Bistro und versuchte, sich in der Frauentoilette das Leben zu nehmen, indem er eine Propangasflasche aufdrehte. Doch er wurde rechtzeitig gefunden und gerettet. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Mann unter einer „krankhaften seelischen Störung“ leidet und deshalb für die Allgemeinheit gefährlich sei. Er befindet sich zurzeit in einer psychiatrischen Klinik und soll dort weiterhin untergebracht werden.

Das Drei-Zimmer-Appartement, in dem der 50-Jährige mit seiner Verlobten lebte, befindet sich in einem Gebäude, das dem Fußballverein 09 Nürtingen gehört. Das Bistro gegenüber führte der Angeklagte wie eine Art Vereinsgaststätte: „Wenn der Fußball Pause hatte, hatte ich auch Pause.“

Vor Gericht schildert der Mann eindrucksvoll, in welch verzweifelter Lage er sich an jenem Freitag befunden hatte. Aufgrund seiner Depressionen und seiner Alkoholsucht, die ihn schon seit seinem 26. Lebensjahr zunehmend belastete, verlor er völlig die Kontrolle. Am Abend zuvor habe er sich heftig mit seiner Lebensgefährtin gestritten, worauf er sich einmal mehr in Wahnvorstellungen und Panikattacken hineinmanövriert habe. Er sei überzeugt gewesen, von ihr belogen und betrogen zu werden, er habe sich verfolgt gefühlt, habe nicht mehr schlafen können und viel Alkohol getrunken. Als er sich bei ihr an jenem Freitagmorgen habe entschuldigen wollte, habe sie ihn ignoriert: „Da wusste ich, der Tag X ist gekommen.“

Er habe genaue Vorstellungen davon gehabt, wie er habe aus dem Leben scheiden wollen. Der kleinste Raum im Bistro sei die Frauentoilette gewesen. Er habe ihn sorgfältig abgedichtet, auf dass kein Gas entweichen konnte. Zuvor habe er noch Zettel mit der Aufschrift „Vorsicht Gas!“ von außen an die Tür geklebt, „denn ich wollte niemandem schaden“. Bevor er sich habe umbringen wollen, sei er noch einmal in die Wohnung zurückgegangen und habe in seiner Verzweiflung Benzin aus einem Kanister in allen Zimmern verschüttet und dann das Inferno angerichtet. „Mir kam der Gedanke, alles zu zerstören. Ich dachte, es hätte ansonsten sie das schönste Leben, nachdem ich mich umgebracht habe.“

Auch diese abstrusen Vorstellungen seien aufgrund seiner psychischen Erkrankung entstanden. Die aus der Psychose und der Alkoholsucht resultierenden Probleme habe er stets „verstecken“ wollen – vor seiner Verlobten, vor den Fußballern des Vereins FV 09, „den ich noch heute so liebe“. Er sei auch schon mit Psychopharmaka behandelt worden, was sich aber nicht mit seinem Bier-, Wein- und Schnapskonsum vertragen habe – „und ich habe mich stets für den Alkohol entschieden“.

Dass er neben seinem Beruf in der Metallbranche immer wieder Kneipen geführt habe, habe ihn nur noch tiefer in sein Dilemma gezogen: „Ich war am Schluss mein bester Gast.“ Mit Gastronomie wolle er deshalb nichts mehr zu tun haben. In der psychiatrischen Klinik, in der er zurzeit untergebracht ist, „geht es mir super“. Die Verhandlung wird fortgesetzt.