Der Gestaltungsbeirat kritisiert die Form der geplanten Wörthbebauung. Der Grünstreifen am Neckar sei zu schmal, bemängelt das Gremium und ist für ein Umdenken. Der Technische Beigeordnete der Stadt verwahrt sich gegen „oberflächliche“ Kritik.

Nürtingen - Eher moderat in der Wortwahl, inhaltlich aber umso deutlicher hat sich der Gestaltungsbeirat der Stadt Nürtingen nun doch zum Wohnpark Wörth geäußert. In seiner vergangenen Sitzung machte das Gremium aus seinem Missfallen gegenüber dem Vorhaben, so wie es jetzt geplant ist, keinen Hehl. Von einer „unglücklichen Staffelung“ der Gebäude spricht Horst Ermel. Der Architekt aus Kaiserslautern berät mit anderen Fachleuten den Gemeinderat und die Nürtinger Verwaltung, um städtebauliche Fehlentwicklungen zu verhindern. Eben diese Gefahr sehen die Experten am Nürtinger Neckar und werben für ein Umschwenken: „Noch ist nichts gebaut“, sieht Ermel ebenso wie sein Kollege im Gestaltungsbeirat, der Stuttgarter Stadtplaner Franz Pesch, noch Spielraum für Änderungen.

 

Der Entwurf des Esslinger Büros Project GmbH sieht eine zweireihige Bebauung zwischen dem Steinachdreieck und dem Ruderclub vor. In der ersten Reihe zum Neckar hin sollen vier Neckarvillen entstehen, dahinter sind Mehrfamilienhäuser geplant. Der Abstand zwischen dem Fluss und der Bebauung beträgt etwa 13 Meter. Zwischen den Villen und dem Neckar ist eine drei Meter breite, öffentlich zugängliche Promenade vorgesehen. Er ist Teil der Freiflächenplanung für das Wörthareal, bei der das Büro Welsner und Welsner Bürger einbezogen hatte.

Freiflächenplanung ist eine „gelungene Resteverwertung“

Das Konzept für die Freianlagen stieß beim Gestaltungsbeirat jetzt auf viel Lob. Den Entwurf zeichne ein sensibler Umgang mit dem Grünraum aus. Was die Landschaftsplaner gemeinsam mit den Bürgern vorgeschlagen haben, sei kaum zu verbessern, so der Beirat.

Allerdings bekommt das Lob einen bitteren Beigeschmack. Denn in einem Statement attestiert Sabine Gilcher vom Gestaltungsbeirat Welsner und Welsner eine „gelungene Resteverwertung“. Auf dem Wörth sei Nürtingen im Begriff, eine große städtebauliche Chance zu verpassen und ein großflächiges, ökologisch wertvolles Erholungsgebiet zu schaffen.

Stadtvillen verstellen den Blick auf den Neckar

Der Spagat zwischen Wohnen und Grünraum könnte nach Ansicht der Fachleute gelingen, wenn die Häuser anders gestaffelt und kompakter angeordnet würden. Dadurch gewänne man Freiflächen hinzu. Im Beirat herrschen auch Bedenken, dass bei der gegenwärtigen Planung die Villen den Bewohnern der hinteren Häuserreihe den Neckarblick verstellten. Ein Aufbrechen der geplanten zwei Häuserzeilen könnte diesen Konflikt aber lösen und eine Zweiklassengesellschaft im Wohnpark Wörth verhindern.

Das Rathaus wolle an dem vorhandenen Entwurf festhalten, erklärt dazu auf Anfrage der Technische Beigeordnete der Stadt, Andreas Erwerle. „Da es sich hier um einen vom Gemeinderat beschlossenen Bebauungsplan handelt, gibt es für die Verwaltung derzeit keinen Anlass, von dieser Entscheidung abzuweichen“, so Erwerle. Er verweist darauf, dass es sich bei der vorgesehenen Bebauung um eine Überarbeitung jenes Entwurfs handelt, dem in einem Investorenwettbewerb Ende 2007 eine Jury den ersten Preis zugesprochen hat. „Somit ist aus Sicht der Verwaltung eine oberflächliche Kritik nicht berechtigt“, erklärt der Nürtinger Technische Beigeordnete.

Die Meinung des Gestaltungsbeirats war nicht gefragt

Bauen wollen den Wohnpark Wörth die Siedlungsbau Neckar-Fils mit Sitz in Nürtingen und die Ostfilderner HKPE Hofkammer. Über den Kauf der ehemaligen Gewerbebrache laufen seit vielen Monaten Verhandlungen zwischen der Stadt und den Investoren. Mehrfach hatte es in der Vergangenheit geheißen, der Kaufvertrag sei kurz vor der Unterschriftsreife.

Vor vier Jahren hatte ein runder Tisch getagt, um den Wörth-Streit beizulegen. Dies gelang nicht. Zwar wurde die Bebauung abgespeckt. Den Beschluss, den der Gemeinderat vor zweieinhalb Jahren mit 19 zu 16 Stimmen gefasst hat, werten Kritiker jedoch als Mogelpackung. In derselben Sitzung hatte es das Gremium abgelehnt, zunächst die Meinung des Gestaltungsbeirats abzuwarten, der einen Monat später, im November 2012, seine Arbeit aufnahm.