In Brasilien ist kein Ende der Talfahrt auf dem Busmarkt in Sicht. In den deutschen Busfabriken des Daimler-Konzerns sind die Mitarbeiter dagegen gut beschäftigt.

Stuttgart - Daimler rechnet weiter mit Gegenwind auf dem brasilianischen Busmarkt. „In Südamerika ist die Situation nach wie vor sehr angespannt“, sagte Hartmut Schick, der Leiter der Bussparte, auf einer Veranstaltung im Vorfeld der Messe „Busworld 2015“ im belgischen Kortrijk. Auch in der zweiten Jahreshälfte sei mit einem deutlichen Rückgang zu rechnen. In den ersten sechs Monaten sei der brasilianische Markt um 27 Prozent eingebrochen. Daimler habe seinen Marktanteil in diesem wichtigsten südamerikanischen Land auf 53 Prozent und damit um sieben Prozentpunkte ausbauen können. Zudem habe man die Exporte aus Brasilien steigern können. All dies hat laut Schick den Rückgang bei Daimler gedämpft.

 

Der Stuttgarter Autokonzern versucht die Auswirkungen der brasilianischen Wirtschaftskrise auf die Beschäftigung durch eine Kurzarbeiterregelung und Lohnverzicht abzufedern. Diese Vereinbarung wurde nach heftigen Auseinandersetzungen in dieser Woche für den gesamten Standort Sao Bernardo do Campo abgeschlossen, wo Lastwagen ebenso produziert werden wie Busse. Allerdings arbeiten nur etwa 1100 der insgesamt rund 10 000 Mitarbeiter dieses Standorts im Busbereich.

Anders als die Fabrik in Brasilien sind die heimischen Standorte laut Schick bis zum Jahresende gut ausgelastet. Die Daimler-Tochter Evobus produziert Busse der Marken Mercedes-Benz und Setra im Verbund an den Standorten Mannheim und Neu-Ulm, wobei der Schwerpunkt in Mannheim bei Stadtbussen und in Neu-Ulm bei Reisebussen liegt. Gegenüber dem Jahresende 2014, als in Neu-Ulm rund 3600 und in Mannheim etwa 3300 Mitarbeiter beschäftigt waren, ist die Belegschaft bis zur Jahresmitte leicht aufgestockt worden, indem etwa Leiharbeiter einen festen Vertrag erhalten haben.

In Deutschland ist der Absatz von Bussen bis zur Jahresmitte laut Zwischenbericht zwar um 20 Prozent auf rund 1000 Fahrzeuge zurückgegangen; dies begründete Schick jedoch damit, dass das Unternehmen im vergangenen Jahr von einer Sonderkonjunktur profitierte, weil Fahrzeuge mit Motoren der neuen Emissionsnorm Euro 6 sehr gefragt gewesen seien. Dies habe dazu geführt, dass der Marktanteil von Evobus auf dem deutschen Markt ungewöhnlich hoch gewesen sei, mittlerweile habe er sich wieder auf etwa 50 Prozent normalisiert. Evobus sei damit hier zu Lande nach wie vor Marktführer, ebenso wie in Westeuropa.

In Deutschland profitiert Evobus laut Schick auch vom wachsenden Markt der Fernbusse. Der Fernbusmarkt wurde Anfang 2013 für den Wettbewerb geöffnet. Der Daimler-Manager wies darauf hin, dass im vergangenen Jahr bereits fast 20 Millionen Passagiere in Deutschland mit dem Fernbus unterwegs waren. Inzwischen würden auf dem deutschen Markt insgesamt 200 bis 250 Busse jährlich an Fernbuslinien verkauft, sagte Schick. In Zukunft rechnet der Chef der Daimler-Bussparte noch mit weiterem Potenzial, weil zusätzlich europäische Linien. eingerichtet würden.

Zusätzliche Chancen sieht Schick in Indien, wo in Chennai im Mai ein neues Werk eröffnet wurde. Dafür wurden 50 Millionen Euro investiert. Der indische Busmarkt biete ein enormes Wachstumspotenzial, sagte Schick. Das Marktvolumen für Busse über sechs Tonnen soll sich dort bis zum Jahr 2020 mehr als verdoppeln. Die Daimler-Fabrik in Chennai ist zunächst für eine Produktion von 1500 Bussen im Jahr ausgelegt. Die Kapazität kann laut Schick aber auf bis zu 4000 Fahrzeuge erweitert werden. In diesem Monat würden die ersten Busse an indische Kunden ausgeliefert. Die indische Fabrik soll auch für Exporte genutzt werden. Seit Ende vergangenen Jahres seien bereits Fahrgestelle nach Ägypten ausgeliefert worden. Außerdem seien erste Prototypen nach Indonesien, Südafrika, Kenia und Peru exportiert worden.