Der Grüne Fritz Kuhn will bei der Stuttgarter OB-Wahl zeigen, dass die grün-rote Machtübernahme im Südwesten kein Betriebsunfall war.

Stuttgart - Der Grünen-Bewerber für die OB-Wahl in Stuttgart, Fritz Kuhn, will sich im Ernstfall auch mit der von den Grünen geführten Landesregierung anlegen. Er werde in erster Linie die Interessen der Stadt vertreten, sagte er der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Wenn die Stuttgarter Eltern die Rückkehr zu neunjährigen Gymnasialzügen wollten, sei es seine Aufgabe, sie zu unterstützen. „Grundregel in der Schulpolitik ist, man kann nicht gegen die Wünsche der Eltern anregieren“, sagte Kuhn. Stuttgart wählt am 7. Oktober einen neuen Oberbürgermeister.

 

Für das Schuljahr 2012/13 sollen bei 51 Anträgen landesweit nur 22 G9-Schulen genehmigt werden. In Stuttgart wollen allein vier Schulen neunjährige Züge einführen, davon erfüllt aber keines das Kriterium der Vierzügigkeit. Insbesondere die Grünen in der Regierungskoalition wollen keine Ausweitung zulassen.

„Es treten Persönlichkeiten an, nicht Parteien“

Seine Chancen für einen Sieg bei der Wahl hält Kuhn für gut. Dass die Parteilosigkeit des CDU-Kandidaten, Sebastian Turner, diesem besonders zum Vorteil gereicht, sieht Kuhn nicht. „Es ist völlig klar, dass bei OB-Wahlen Persönlichkeiten antreten, nicht Parteien.“

Kuhn verspürt Rückenwind von der grün-roten Koalition und vor allem vom Ministerpräsidenten. „Winfried Kretschmann ist Gold wert.“ Aus seiner Sicht hat die Stuttgarter OB-Wahl durchaus landesweite Bedeutung. „Die CDU legt den Stuttgarter Wahlkampf als eine Art Rückeroberung an, bei der ein Erfolg den „Betriebsunfall“ vom 27. März 2011 zum teil wieder wettmachen soll.“

Seine Vision für Stuttgart ist eine Stadt, in der sich Ökonomie, Ökologie und soziale Gerechtigkeit verbinden. „Der Reichtum der Stadt darf nicht weiter zulasten der Umwelt erwirtschaftet werden.“ Der größte Fehler des scheidenden Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) sei gewesen, beim Thema Stuttgart 21 die Diskussion über Alternativen zu dem Bahnvorhaben nicht zugelassen zu haben.

Kuhn will Stuttgart 21 kritisch begleiten

Der als Realo geltende Sprachwissenschaftler traut sich zu, ausgleichend zu wirken; denn er verstehe die Motive für der S21-Gegner. Er wolle versuchen ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. „Die Spaltung der Stadt muss aufhören. Wir können nicht zehn Jahr lang mit so tiefen Gräben leben.“ Er werde das Projekt kritisch begleiten. Den Gegnern schrieb der 52-Jährige ins Stammbuch, auf Angriffe gegen die Grünen im OB-Wahlkampf zu verzichten: „Das Bashing der Grünen darf nicht dazu führen, dass der Posten an die CDU geht.“

Über seine Zukunft im Fall einer Niederlage hat sich Kuhn noch keine Gedanken gemacht. In die gerade niedergelegte Position eines Vizechefs der Grünen-Bundestagsfraktion könne er nicht zurückkehren. Es sei sich des Risikos seiner Kandidatur bewusst, betonte der Mitbegründer der Grünen im Südwesten. „Aber Erfolg gibt es nicht mit Bausparvertrag, dreifacher Versicherung und Pantoffeln.“