Der ehemalige Sozialminister und derzeitige EnBW-Repräsentant geht gegen den parteilosen Unternehmer ins Rennen.

Stuttgart - Bei der CDU kommt es beim Mitgliederparteitag am 17. März voraussichtlich zu einem parteiinternen Duell und die Kandidatur für den Posten des Stuttgarter Oberbürgermeisters: Nach dem parteilosen Werbefachmann Sebastian Turner hat am Dienstag auch der frühere Sozialminister und Ex-OB von Singen, Andreas Renner. seine Bewerbung für die CDU angekündigt. „Nach intensiver Überlegung und Beratung mit meinen Freunden und meiner Familie bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich mich um die Nominierung der CDU Stuttgart für die OB-Kandidatur bewerben möchte“, schrieb Renner in einem Brief an die Parteimitglieder.

 

Renner vom Umfeld ermutigt

Er habe in den vergangenen Wochen zahlreiche Aufforderungen aus der Partei, aber auch von Stuttgarter Bürgern – darunter namhaften Persönlichkeiten – erhalten, die ihn zu diesem Schritt ermutigt hätten, heißt es in dem Schreiben. Das Amt des Rathauschefs der Landeshauptstadt bezeichnete der 52-Jährige, der auch als OB-Kandidat der CDU in Konstanz gehandelt worden war, als „eine der interessantesten Aufgaben“ in Baden-Württemberg.

Auf einer Pressekonferenz am Nachmittag, an der auch der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann teilnahm, warb Renner um Zustimmung für seine Bewerbung, räumte aber ein, das parteiinterne Auswahlverfahren werde es „in sich haben.“ Er wisse jedoch, worauf er sich einlasse. Angesprochen auf den wahrscheinlichen Grünen-Kandidaten Fritz Kuhn sagte er: „Das ist eine echte Hausnummer, ein Mann, den es erstmal zu schlagen gilt.“ Sollte er aus dem parteiinternen Auswahlverfahren als Sieger hervorgehen und die OB-Wahl im Herbst gewinnen, wolle er sich bemühen, die im Streit um Stuttgart 21 in der Stadt aufgerissenen Gräben zuzuschütten. Angesichts des eindeutigen Votums bei der Volksabstimmung glaubt Renner: „Der neue OB wird es auf jeden Fall leichter haben als Wolfgang Schuster.“ Seinen parteiinternen Herausforderer Sebastian Turner kenne er zwar nicht persönlich, halte ihn aber „für eine seriöse Persönlichkeit.“

Der gebürtige Stockacher Renner hat nach dem Studium der Verwaltungswissenschaften in Konstanz zunächst verschiedene Funktionen in der Landesverwaltung ausgeübt, 1993 wurde er zum Oberbürgermeister in Singen am Hohentwiel gewählt, wo er bis 2005 amtierte. Im gleichen Jahr berief ihn der damalige Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) als Arbeits- und Sozialminister in sein Kabinett. Renners Amtszeit währte allerdings nur kurz. Nachdem er im September 2005 den amtierenden US-Präsidenten George W. Bush umgangssprachlich den Rückzug nahegelegt hatte („Der gehört abgeschossen“), hatte es aus der CDU bereits erste Rücktrittsforderungen gegeben.

In Oettingers Kabinett berufen

Insbesondere dem konservativen Flügel der Partei war Renner ein Dorn im Auge, weil er als erstes CDU-Regierungsmitglied die Schirmherrschaft über den Christopher-Street-Day übernommen hatte. Auch klerikale Kreise nahmen ihm die Patronage übel. Bei einem klärenden Gespräch mit Bischof Gebhard Fürst soll Renner geäußert haben: „Lassen Sie erst mal zu, dass Priester Kinder zeugen.“ Monate später wurde diese Äußerung durch parteiinterne Indiskretionen öffentlich. Trotz einer Entschuldigung beim Bischof erklärte Renner schließlich im Januar 2007 seinen Rücktritt als Minister. Seit August 2006 arbeitet er als Lobbyist bei der EnBW und leitet deren Repräsentanzen in Brüssel und Berlin. Im Hinblick auf die in Stuttgart laufende Diskussion über die Gründung von Stadtwerken sagte Renner, er sehe da keinen Interessenskonflikt: „Aber natürlich könnte man versuchen, da etwas zu konstruieren.“

Die Junge Union begrüßt Renners Bewerbung

Für Renner hatten sich Landtagsfraktionschef Peter Hauk, Stuttgarter Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann sowie der CDU-Ehrenkreisvorsitzende Gerhard Mayer-Vorfelder ausgesprochen. Parteiintern genießt Renner vor allem auch bei der Jungen Union Sympathien, deren Landeschef er zwischen 1989 und 1994 war. Der Stuttgarter CDU-Nachwuchs begrüßte Renners Bewerbung umgehend. „Er passt hervorragend in unser Anforderungsprofil“, so JU-Sprecher Benjamin Völkel. Der Kreischef Kaufmann, der Regionalpräsident Thomas Bopp sowie eine Wählerinitiative um die früheren städtischen Pressesprecher Susanne Wetterich und Stephan Schorn favorisieren dagegen eine OB-Kandidatur Turners. Kaufmann betonte aber, er begrüße, dass die CDU „einen weiteren hochkarätigen Kandidaten“ zu bieten habe.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Rathaus, Alexander Kotz, sagte, Renners Bewerbung mache die Auswahl für die Parteibasis interessanter. „Es war der Wunsch der Parteimitglieder, eine echte Alternative zu haben. Unterschiedlichere Modelle, sowohl was die Person als auch die berufliche Laufbahn angeht, kann man sich kaum vorstellen“, so Kotz, der als Befürworter einer Kandidatur Turners gilt. Seine Stellvertreterin Iris Ripsam, die zum Lager der Renner-Unterstützer gerechnet wird, sagte, sie freue sich, „dass wir mit Andreas Renner einen weiteren guten Kandidaten für die CDU haben.“

Reaktionen der anderen Parteien

Die Grünen betrachten den Zweikampf bei der CDU eher kühl. „Wir haben mit Fritz Kuhn einen profilierteren und erfahreneren Politiker aufzubieten als Renner und Turner zusammen“, sagte deren Fraktionssprecher im Rat, Peter Pätzold. Auch der Kreischef Philipp Franke zeigt sich gelassen: Mit Renner sei nun ein „in der Politik und in Affären erfahrener“ Mann im Spiel. Die SPD-Fraktionschefin Roswitha Blind erachtet Renner als „interessanten Kandidaten“, und auch bei der Rats-FDP kommt er offenbar gut an. Fraktionschef Bernd Klingler: „Herr Renner hat beim Neujahrsempfang der CDU bei mir gepunktet.“ Für die Freien Wähler erklärte Jürgen Zeeb: „Unser Herz schlägt für einen parteiungebundenen Kandidaten.“